Der Einlass gleicht dem Sicherheitscheck am Flughafen ‒ oder vor der Synagoge. Polizeiabsperrungen leiten ins prächtige Opernhaus am Kouter-Platz in Gent, Taschen werden durchleuchtet, die Gäste mit halb entschuldigenden, halb genervten Blicken zu den Garderoben komplimentiert. Niemand hält diese Kontrollen wirklich für nötig oder effektiv. Aber man spielt heute Abend "La juive" (Die Jüdin) von Jacques Fromental Halévy, und die belgische Regierung hat für alle Veranstaltungen mit irgendwie jüdischem Bezug erhöhte Sicherheitsvorkehrungen verordnet. Seit dem blutigen Anschlag auf das Jüdische Museum in Brüssel vor knapp einem Jahr ist die Stimmung gereizt, jüngst angefacht durch die belgische Pegida-Bewegung. Der Opernbesucher neben mir, ein baumlanger Flame mit einem gutmütigen Bauerngesicht, beklagt, dass das schwierige, aber akzeptierte Miteinander von einst einer wachsenden Angst und Aggressivität gewichen ist.
Oper:Rache statt Liebe
In Gent inszeniert Peter Konwitschny Jacques Halévys düstere Oper "La juive" und verwandelt sie in ein Lehrstück zum Thema Pegida und Wutbürger.
Von Michael Struck-Schloen
Lesen Sie mehr zum Thema