Oper:Das Leben ist ein Ringelspiel

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Liliom (Daniel Prohaska) am schönen Bein der Frau Muskat (Angelika Kirchschlager), was seine Julie (Camille Schnoor) mit Skepsis beobachtet. (Foto: Thomas Dashuber)

Josef E. Köpplinger hat sich von Johanna Doderer eine neue Oper für das Gärtnerplatztheater gewünscht. Nun hat "Liliom" nach dem Stück von Ferenc Molnár Premiere, und Angelika Kirchschlager singt mit

Von Egbert Tholl

Seit der Liliom, Titelfigur des Volksstücks von Ferenc Molnár, in der Übersetzung des ungarischen Textes durch Alfred Polgar in Wien die Bühne des Theaters in der Josefstadt betreten hat, das war im Jahr 1913, lieben wir ihn. Den blöden Lackl, der am Rummelplatz arbeitet, von seiner Chefin Frau Muskat geliebt wird, selbst aber die Julie liebt, ihr aber nur Kummer bereitet, gerade weil er genau das Gegenteil will und schließlich bei einem gänzlich missglückten Raubüberfall stirbt, in den Himmel kommt, zur Bewährung auf die Erde zurückkehrt und dort das Weh einer Liebe wiederfindet, die er vermasselt hat.

Josef E. Köpplinger hat den Liliom auch schon einmal auf die Bühne gebracht, das war 2007 in St. Gallen. Nun wollte er mehr von ihm, eine Oper, und Johanna Doderer hat sie ihm geschrieben - an diesem Freitag ist die Uraufführung des Gärtnerplatztheaters in der Reithalle.

In "Liliom", der Oper, singt Daniel Prohaska den Liliom, Camille Schnoor die Julie und die Frau Muskat ist Angelika Kirchschlager, für die Johanna Doderer schon einige Lieder komponiert hat und die bereits eine Seelenverwandte der Muskat auf der Opernbühne verkörperte, die Valerie, Trafikantin in den "Geschichten aus dem Wiener Wald", die HK Gruber zur Oper machte, das war 2014 bei den Bregenzer Festspielen.

Nun sitzen nach einer Hauptprobe in einem der Verwaltungscontainer der Reithalle Doderer und Kirchschlager, schauen aus wie blühende Zwillingsschwestern und erzählen. Also die Frau Muskat, die ist ja alleinstehend, verletzt, verletzend aus Notwehr. Kirchschlager: "Das muss dann auch so stimmen mit der Musik." Doderer: "Ich habe aber grundsätzlich ein Problem mit Frauen in Opferrollen." "Kirchschlager: "Aber die steht ihre Frau."

Die beiden kennen, schätzen, mögen sich. Und so erklärt sich auch leicht, dass Doderer der herrlichen Sängerin Kirchschlager im Sommer noch eine Arie hineinschrieb. Kirchschlager: "Aber du hast dann doch noch eine geschrieben." Doderer: "Es wird geändert bis zum Schluss." Der Schluss der Oper ist eine verwehende Melodie im 6/8-Takt, herzzerreißend traurig, wehmütig, groß.

Aber das meint Johanna Doderer ja nicht. Sie will vor allem eines: Aus der Sprache heraus die besten Möglichkeiten für die Stimmen schaffen. Grundsätzlich denke sie ihre Musik von der Stimme her, auch wenn man teilweise ganz erstaunliche symphonische, tiefengestaffelte Momente hier erleben kann. "Das schwierigste ist die Grenze zwischen starker Emotion und Kitsch." Und was den Liliom selbst angeht, der müsse, auch wenn er manchmal ein rechter Trottel ist, menschlich sein. Das gelingt ihr.

Kirchschlager: "Deine Musik kommt dem Schauspiel sehr nahe, sie ist fast schon ein Interpretation in sich, bis in die Pausen hinein. Und es macht sehr viel Spaß." Doderer: "Du bist halt auch offen für Vorschläge." Kirchschlager: "Du gibst." Doderer: "Du nimmst." Kirchschlager: "Das ist schon genial, wenn man im direkten Austausch ist. So stelle ich mir vor, war es bei Mozart. Der hat ja auch für ganz bestimmte Sänger komponiert."

Ihre Musik, so Doderer, sei inspiriert vom Ringelspiel auf dem Rummelplatz, davon, wie sich das Rad des Lebens immer weiter dreht. Der Zirkus wird zum Symbol des Lebens selbst. Denn eigentlich gebe die Geschichte selbst gar nicht so viel her.

Vor der Reithalle steht ein alter Bus der Stadtwerke, die Fenster sind verhangen mit süßen, roten Vorhängen. Der Bus ist die Umkleide des Kinderchors, der den Himmel bevölkert. Da wird dann doch alles groß, und das Menschsein an sich schält sich heraus aus der kleinen Geschichte.

Liliom, Premiere am Fr., 4. Nov., Gärtnerplatztheater in der Reithalle, Heßstraße 123

© SZ vom 04.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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