Öffentlicher Disput:Marokko zensiert Film über Prostitution

Öffentlicher Disput: Käufliche Liebe in Marokko: Szene aus "Much Loved" von Nabil Ayouch.

Käufliche Liebe in Marokko: Szene aus "Much Loved" von Nabil Ayouch.

(Foto: Quinzaine des Realisateures)
  • Der Spielfilm "Much Loved" von Nabil Ayouch, der bei den Filmfestspielen in Cannes in der Nebenreihe "Directors Fortnight" gezeigt wurde, unterliegt in Marokko nun einem Aufführungsverbot.
  • Nach Auffassung der marokkanische Regierungspartei PJD stellt der Film eine Beleidigung für das Land und seine Normen und Werte dar. Er schade dem Ansehen der marokkanischen Frauen.
  • Der Film thematisiert das Leben von Prostituierten in Marrakesch und beleuchtet die Ausbeutung junger Frauen, die in dieses Milieu abrutschen.

Schon kurz nach seiner Vorführung beim diesjährigen Festival in Cannes sorgte der Beitrag "Much Loved" von Nabil Ayouch für eine Kontroverse in der marokkanischen Öffentlichkeit. Der Spielfilm über käufliche Liebe in Marrakesch werde die Prostitution in dem nordafrikanischen Land anheizen, monierten Kritiker. Anhänger Ayouchs zollten seinem Film hingegen Lob, weil er die tatsächlichen Verhältnisse in Marokko wirklichkeitsgetreu darstelle.

Nun hat sich die marokkanische Regierung in den Disput eingeschaltet. Sie sperrte den Film des marokkanisch-französischen Filmemachers für Kinos in dem Königreich. Das entschied die gemäßigt islamistische Regierungspartei PJD, die aus ihren Reihen eine Delegation nach Cannes entsandt hatte. Die Begutachtung an der Croisette führte nach Informationen des Nachrichtensenders France24 nun zum Verbot des Films in Marokko.

"Much Loved" stelle eine schwere Beleidigung des Landes sowie seiner Normen und Werte dar, heißt es in einer Stellungnahme der Regierung. Außerdem schade der Film mit seinen freizügigen Szenen und vulgären Dialogen dem Ansehen der marokkanischen Frauen.

"Wenn wir keine Debatte haben, sind wir tot"

Ayouch hat die Prostitution, die in Marokko weit verbreitet ist, schon öfters zum Thema seiner Arbeit gemacht. In Marokko landen vor allem arme und junge Mädchen im horizontalen Gewerbe; die meisten Kunden sind Männer aus Saudi-Arabien und Europa. Ayouch zeigt die Ausbeutung der Frauen ohne jede romantische Verklärung und gibt kompromisslose Einblicke in eine traurige Realität. "Wenn wir keine Debatte haben, sind wir tot", sagte Ayouch über seinen Film.

Die Zensur von Kinofilmen ist in Marokko gängige Praxis. In diesem Jahr verwehrten Ägypten, Marokko und die Vereinigten Arabischen Emirate bereits Ridley Scotts monumentaler Bibelverfilmung "Exodus: Gods and Kings" mit Cristian Bale in der Hauptrolle die Aufführung. Nachdem die Produktionsfirma Fox Studios eine Stelle aus dem Film geschnitten hatte, in der Gott als Kind dargestellt wurde, wurde der Film in Marokko wieder zugelassen.

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