NS-Raubkunst:Kleiner Kandinsky

Ein amerikanisches Gericht muss nun entscheiden, ob Wassily Kandinskys Hauptwerk "Das bunte Leben" im Münchner Lenbachhaus Raubkunst ist. In den Niederlanden wird zugleich ein ähnlicher Fall verhandelt - doch das läuft anders.

Von Kia Vahland

Bei Wassily Kandinskys "Buntem Leben" aus dem Lenbachhaus München handelt es sich wahrscheinlich um NS-Raubkunst.Dies berichtete die Süddeutsche Zeitung in ihrer Samstagsausgabe. Das Bild gehörte ursprünglich der Familie Lewenstein, die es in den Niederlanden bei dem Maler Paul Citroen erstanden hatte. Wassily Kandinsky selbst benannte Hedwig Lewenstein als Eigentümerin in einem Verzeichnis. 1940 aber wurde das Gemälde in den besetzten Niederlanden in dem für NS-Raubkunst bekannten Auktionshaus Frederik Muller versteigert. Jetzt fordern die Nachfahren der Lewensteins das Bild von der aktuellen Besitzerin, der Bayerischen Landesbank, zurück. Zuerst hatte sich die Bank geweigert, ergebnisoffen die für Raubkunst zuständige deutsche Limbach-Kommission anzurufen, dann hatten die Vertreter der Lewensteins dies nicht mehr forciert und stattdessen Klage in den USA eingereicht.

Auf der Auktion von 1940 wurde ein zweiter, kleinerer Kandinsky aus der Sammlung Lewenstein versteigert, ihn kaufte damals der Direktor des Amsterdamer Stedelijk Museums, das immer noch über das Bild verfügt. Auch dieses Werk fordern Lewensteins Nachfahren zurück. In den Niederlanden aber läuft der Fall anders: Dort entscheidet über das Gemälde gerade die Restitutionskommission, der Kunsthistoriker und Juristen angehören. Sie erforschen die Geschichte des Werks, das Ergebnis soll dann verbindlich gelten.

Die deutsche Limbach-Kommission dagegen soll moralisch urteilen, sie kann nur freiwillig von beiden Seiten angerufen werden. Entsprechend einfach ist sie zu umgehen. Der Klageweg aber bedeutet hohe Anwaltskosten auch für die Landesbank (und damit für ihre Miteigentümerin, das Land Bayern), einen langjährigen Prozess und am Ende womöglich eine Auktion des Gemäldes. In dem Szenario verdienen Anwälte und der Kunsthandel, und die Deutschen haben einen großen NS-Raubkunstfall nicht selbst gelöst.

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