Nofretete soll in Berlin bleiben:Streit um die Schöne

Ägypten will Nofretete zurück haben, Berlin will sie aber nicht mehr hergeben. Was ist die Lösung? Streit mit dem temperamentvollen ägyptischen Antikenchef? Ein Shuttle-Bus? Der Berliner Museumsdirektor äußert sich nicht so diplomatisch.

Johan Schloeman

Es kann keine allzu angenehme Aufgabe sein, die sichtbaren Folgen des kulturellen Kolonialismus früherer Zeiten zu verteidigen. Das merkte man dem Direktor des Berliner Ägyptischen Museums, Dietrich Wildung, am Montag an, als er sich in einem Rundfunkinterview zu den notorischen Forderungen nach Rückgabe oder Ausleihe der dort ausgestellten Büste der Nofretete äußern sollte.

Zu der Drohung des temperamentvollen ägyptischen Antikenchefs Zahi Hawass, man werde keine Leihgaben mehr nach Deutschland geben, wenn der berühmte, um 1350 vor Christus geschaffene Kopf nicht wenigstens zeitweise wieder an den Nil fahre, sagte Wildung mit demonstrativer Gelassenheit: "Wir leben seit 1985, wo die letzte große von uns inszenierte Ausstellung aus Kairo nach Deutschland kam, ohne Leihgaben aus Ägypten durchaus komfortabel und repräsentativ."

Außerdem würde die schöne Gattin des Echnaton - die ab 2009 im restaurierten Neuen Museum aufgestellt werden soll - im "überaus reichen ägyptischen Museum in Kairo", so Wildung, "nicht annähernd so gute Figur machen, wie das hier bei uns der Fall ist".

Nicht nur konservatorische Gründe

Damit machte Wildung erfrischend deutlich, "dass es nicht nur pragmatische konservatorische Gründe sind", die einer Auslandsreise der Nofretete im Wege stehen. Mit solchen Verfallschutz-Argumenten hatte sich Kulturstaatsminister Bernd Neumann noch vor einigen Tagen gegen die Idee ausgesprochen, die Nofretete in einer Art Shuttle-Service zwischen Berlin und Ägypten hin- und herzuschicken; für diesen Vorschlag wirbt derzeit die "CulturCooperation", ein von öffentlichen Zuschüssen und Stiftungsgeldern finanzierter Hamburger Verein für kulturelle Entwicklungshilfe.

Wildungs Einlassungen hingegen sind nicht so diplomatisch - auch wenn er hinzufügt, "auf offizieller Ebene" gebe es "überhaupt keine Probleme mit Ägypten". Für den Chor der Gerechten, der die Rückkehr prominenter (aber nicht aller) Altertümer in ihre Herkunftsländer wünscht, sind Stimmen wie die Waldungs Ausdruck genau jener Arroganz westlicher Aneignung, mit der sie ursprünglich in die abendländischen Museen geschafft wurden. Gibt es doch keinen Zweifel, dass diese Schatzkammern unter Ausnutzung der Schwäche der Herkunftsländer gefüllt wurden, selbst dann, wenn dies - wie im Fall der 1912 gefundenen Nofretete - im Zuge einer rechtmäßigen Fundteilung geschehen ist.

Aber die Ehrlichkeit des Museumsdirektors, dass konservatorische Gründe nicht entscheidend sind, hat auch etwas Heilsames: Man weiß, woran man ist.

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