Nikolaus Brender:"Wir halten an unserem Qualitätskonzept fest"

Nikolaus Brender geht in die Offensive: Nachdem Roland Koch seine Zukunft als Chefredakteur des ZDF in Frage stellte, verweist Brender auf seine Erfolge.

Christopher Keil

Am 27. März muss der Verwaltungsrat des ZDF entscheiden, ob ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender für weitere fünf Jahre im Amt bestätigt wird. Intendant Markus Schächter will Brender zur Wiederwahl vorschlagen, die konservative 3/5-Mehrheit will Brender offenbar ablösen. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU), eines von 14 Verwaltungsratsmitgliedern, hat jetzt erklärt, warum: Weil die Informationssparte des ZDF, Brenders Arbeitsbereich, sich schlecht entwickelt habe. Koch argumentiert mit einem Rückgang der Quoten bei heute und dem heute journal.

Nikolaus Brender: "In der Chefredaktion wurden in den letzten Jahren viele neue Formate entwickelt": ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender.

"In der Chefredaktion wurden in den letzten Jahren viele neue Formate entwickelt": ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender.

(Foto: Foto: ap)

SZ: Herr Brender, Roland Koch behauptet, Sie hätten den Niedergang von "heute" und des "heute journals" zu verantworten, ARD und RTL erzielten mit ihren Konkurrenz-Nachrichten bessere Quoten.

Nikolaus Brender: Mit negativer Auslese ist wenig anzufangen. Ich könnte "heute in Europa" dagegen setzen: 48,5 % mehr Zuschauer als 2002. Herr Koch vergleicht Äpfel mit Birnen. Etwa die "Tagesthemen" oder das "auslandsjournal", die ihre Sendeplätze und/oder ihr Konzept geändert haben. Wir sind stolz auf das "heute-journal", das mit 3,3 Mio Zuschauern kontinuierlich über eine Million vor den "Tagesthemen" liegt. Der Marktanteil (12 %) ist stabiler als der der "Tagesthemen" (10,5 %). Viel wichtiger aber ist die Konzeption der ZDF-Nachrichtensendungen. Das "heute-journal" hat den höchsten Anteil aller Nachrichtenmagazine an Politik-, Wirtschafts- und Kulturthemen. Das gleiche gilt für die "heute"-Sendung im Vergleich zu "RTL aktuell". Wir halten an unserem Qualitätskonzept fest, kontinuierlich über schwierige politische Entwicklungen und über die Repräsentanten der parlamentarischen Demokratie zu berichten. Nachrichtensendungen ohne Politiker sind quotenträchtiger. Das zeigt die private Konkurrenz. Diesem verführerischen Hinweis von Herrn Koch werden wir aber nicht nachgeben.

SZ: Koch fragt, ob es ausreichend Freiheit und Kreativität in den ZDF-Redaktionen gebe.

Brender: In der Chefredaktion wurden in den letzten Jahren viele neue Formate entwickelt. Zuletzt die Fernseh-Online-Sendungen zur Wahl des amerikanischen Präsidenten und zur hessischen Landtagswahl. Die ZDF-Mediathek ist inzwischen hochgelobtes Vorbild für viele Fernsehsender. In den Redaktionen des ZDF wird offen, engagiert und mit Temperament über Qualität, Inhalte und Sendeformate diskutiert. Manches davon gerät in die Öffentlichkeit - warum nicht? Wir sind ein öffentlich-rechtlicher Sender und keine Geheimdienstorganisation. Wenn die Diskussionen der Redaktionen mit ihrem Chefredakteur von Herrn Koch zur Diskussion über den Chefredakteur verfälscht wird, ist das kein Problem des Chefredakteurs.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: