Neues Buch von Hans Traxler:Gottes Werk und Traxlers Beitrag

Hans Traxler hat die Welt lieb, das sieht man all seinen Geschichten an. Er bedenkt niemanden mit Zorn - doch nur wenige zeigen den Irrsinn der Welt so subtil wie er.

Franziska Augstein

5 Bilder

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Hans Traxler hat die Welt lieb, das sieht man all seinen Geschichten an. Er bedenkt niemanden mit Zorn - doch nur wenige zeigen den Irrsinn der Welt so subtil wie er.

Irgendetwas, das hat sich herumgesprochen, ist bei der biblischen Darstellung der Schöpfung schiefgelaufen. Gottes Fähigkeiten wurden entweder maßlos überzeichnet, oder es gilt, was Berufene seit langem behaupten: "SIE ist schwarz." Hans Traxler lässt den lieben Gott einen guten Mann sein. Ihm, dem Künstler, geht es um Gottes Werk, und das ließ nun zumindest anfangs auch zu wünschen übrig.

Daraus ergibt sich eines der neuen "Bildergedichte", die Traxler jetzt in einem ausnehmend schön gemachten Band publiziert hat. Es heißt: "Berliner Genesis - aus der Sicht von Emma Niembsch, Feministische Frauengruppe Knesebeckstraße":

Text: Franziska Augstein/SZ vom 10.12.2010/ Alle Bilder entnommen aus Hans Traxler: Ich, Gott und die Welt. Neue Bildergedichte. Philipp Reclam jr., Stuttgart 2010. 127 S., 20 Euro.

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Am letzten Schöpfungstach

Hat ER den Mann jeschaffen

Jleich nach dem Menschenaffen

Man konnt' det ooch erkenn'

Der sah ja aus zum flenn'

Ja, und denn?

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Gott läuft durchs hohe Gras und denkt - man kennt diese Haltung von Sartre: die Hände auf dem Rücken verschränkt, den Körper vorgebeugt, stemmt er sich gegen den unsichtbaren Wind des Schicksals, das IHN einen solchen Fehlgriff hat tun lassen. Was ist er schon, der Mensch, zumal in diesem Stadium der Schöpfung?

Denn stand er da im Wannsee

Halb Mensch und halb Schimpanse

Und wurde ausgezischt!

Nee, nee, det war wohl nischt

Ja, und denn?

Denn hat ER dreimal kurz jelacht

Und hat im zwoten Anlauf

Den ersten Mensch jemacht!

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Der echte "erste Mensch" ist wohlgelungen. Emma Niembsch ist offenbar eine höchst moderne Feministin: Gegen den lieben Gott hat sie eigentlich nichts und gegen Schönheit, weibliche zumal, schon gleich gar nicht. Darin gleicht Emma Niembsch ihrem Schöpfer: Der Zeichner Hans Traxler hat die Welt lieb. Allen seinen Bildgeschichten sieht man es an. Und selbst Leute, die er in der wahren Welt verachtet, weil sie ihren Mitmenschen mit Kleingeisterei, Eigensucht oder dem pontifikalen Verbot von Kondomen das Leben schwermachen, bedenkt er nicht mit Zorn: er macht sie einfach nur lächerlich. Das gilt für Benedikt XVI. ebenso wie für Regietheaterregisseure. Seine Figuren, ob Tier, ob Mensch, erinnern an die liebenswürdige Ernsthaftigkeit der Käthe-Kruse-Puppen und alter Steifftiere.

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Traxler sucht, wie Oliver M. Schmitt in einem biographischen Essay geschrieben hat, nach der reinen, perfekten und idealen Linie, der sagenhaften ligne claire, die jede andere Strichführung unmöglich macht. Seine Zeichnungen wirken so "einfach" wie ein gelungener "Ballon"-Sprung im Ballett. Traxler legt größten Wert auf historische und soziologische Akkuratesse im Detail. Seine Männerfiguren blicken oft schüchtern, knurrig, deppert - seine Frauen: stolz, nachsichtig, lieblich, je nachdem. Und er besitzt eine Gabe, die manche Künstler mit einem Talent zur Melancholie auszeichnet: Seine Werke sind heiter. Wenige zeigen den Irrsinn der Welt so subtil, so gekonnt und so komisch wie Hans Traxler.

© SZ vom 10.12.2010/kelm
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