In der Regel lohnt es sich nicht, aus dem Infomaterial zu zitieren, das Plattenfirmen verschicken, im Fall des neuen Albums von Björk, "Biophilia" (Universal), muss es aber sein, denn wie sonst sollte man den ganzen überzogenen Anspruch dieser CD ... also bitte: "Biophilia ist (...) ein umfassendes Multimedia-Projekt, das mehr ist als nur Sound - es ist ein Gesamtkunstwerk".
Dazu gehören "individuelle Apps, Live-Shows in außergewöhnlichen Locations mit speziell dafür gefertigten Musikinstrumenten und Installationen, Workshops, eine Film-Dokumentation, eine Website mit neuester HTML5-Programmierung und 3D-Animationen". Bisschen viel? Aber nein, es geht schließlich um nicht weniger als - alles: "Biophilia beschäftigt sich mit der Harmonie musikalischer Strukturen und Natur-Phänomenen, vom Atom bis hin zum Weltraum.
Wo ist Stockhausen, wenn man ihn braucht? Der mochte solche Themen - und hätte hier mit ein paar Tonbandtricksereien Gutes tun können. Denn gegen das viel zu große Konzept hat die Musik - und um die geht es natürlich vor allem - nicht die geringste Chance: verhuschte Harfen, pluckerige Glockenspiele, ziellos mäandernde Melodien, dazu Björks Gesang, der vor zwanzig Jahren ungewöhnlich und aufregend war, aber heute nur noch nach Atemtherapie klingt.
Björk hat große Musik gemacht in ihrem Leben, aber das ist lang her. Heute posaunt jeder Ton: Achtung, Sie verlassen den Pop-Sektor, ab hier nur noch Höchstkultur.