Fast ein Vierteljahrhundert stand Christiane Böhnke-Geisse in Diensten des Jazzclubs Unterfahrt, die längste Zeit davon machte sie das Programm und den Laden zu einem der bedeutendsten in Europa. Dafür durfte sie 2012 den Jazz Echo als "Förderer des Jazz" und - stellvertretend für die Unterfahrt - den Musikpreis der Stadt München entgegennehmen. Im Februar dieses Jahres kam dann der "AZ Stern des Jahres 2014" dazu - wobei bei der Auswahl sicher noch niemand wusste, dass es gewissermaßen ein Abschiedsgeschenk sein würde. Denn im Juli vergangenen Jahres entschied Böhnke-Geisse, dass es mit der ewig gleichen Tretmühle mal genug sein, dass es also zu neuen Ufern gehen müsse. Sie gab den Job bei der Unterfahrt ab, zog ins Voralpenland um und gründete "cbg - Jazz by heart" als Rahmen ihrer neuen, noch unbestimmten Tätigkeiten im Dienste des Jazz.
Eine neue Idee kam ihr schnell: "Dieser AZ-Stern aus Glas steht an meinem Küchenfenster. Bei einem bestimmten Sonneneinfall funkeln da wunderschöne Punkte in Spektralfarben auf dem Boden und den Wänden. Da habe ich plötzlich die AZ im Wort ,Jazz' erkannt." Sie setzte sich hin, entwarf ein "jAZz"-Logo, schrieb "Summer", "Party", "Meeting" oder andere Kombinationen dahinter. Und trat damit bei der neu aufgestellten Münchner AZ offene Türen ein.
Ein "jAZz Sunday" ist es jetzt geworden, den Christiane Böhnke-Geisse als künstlerische Leiterin für die Zeitung und - alte Kontakte sind immer nützlich - für den Kooperationspartner Unterfahrt zusammengestellt hat. Im Erfolgsfall soll er eine regelmäßige Wiederholung erfahren. Bespielt wird das wunderbare, für Jazz immer noch zu selten genutzte Gelände rund um die Alte Kongresshalle auf der Theresienhöhe. Los geht es um 15 Uhr im Wirtshaus am Bavariapark mit Groove Hospital, der Münchner Mediziner-Bigband. Die vom Chirurgen und Saxofonisten Mark Malota geleitete 19-köpfige Band besitzt auch die Approbation zum Jazz, finden sich in ihren Reihen doch ehemalige oder aktive Mitglieder etwa der Bigbands von Tim Bendzko und Harald Rüschenbaum, des Landesjugendjazzorchesters, der Begleitband der Fantastischen Vier oder auch der Sinfonietta München.
Weiter geht es um 16.30 Uhr im Foyer der Kongresshalle mit dem vom Kirchenmusiker Thomas Renner in der Pfarrei Heilig-Kreuz Giesing gegründeten und geleiteten Chor Gospel At Heart - auch das mit zwei CDs jüngeren Datums und Auftritten etwa bei den Stadtgründungsfesten ein mindestens semiprofessionelles Ensemble. Rüber in die Kongressbar geht es um 17.30 Uhr mit den Poetricks. Das vom Integrationsverein "Icoya" initiierte und getragene Kollektiv von Jugendlichen aus aller Welt - vom Flüchtling und Arbeitslosen bis zum Studenten - machen ebenso grenzenlose Musik, bunt, laut und immer selbst geschrieben. Zum Ausklang ebendort lädt von 22.30 Uhr an Adriano Prestel ein, Münchens beste Soulstimme.
Der Hauptact des Abends sollte ursprünglich natürlich in der Alten Kongresshalle auftreten. Doch der Saal erwies sich als zu groß und zu teuer. So muss man nun zwischendrin, um 21 Uhr, in Böhnke-Geisses alte Heimat, in die Unterfahrt, umziehen. Was sich aber bei der ostafrikanischen, inzwischen in den USA lebenden Sängerin Somi auf jeden Fall lohnt. Mit edlem, rhythmisch betontem Popjazz und einer von der gehauchten Note bis zur lauten Emphase sauberen und bewegenden Stimme hat sie sich schon an die Seite von Stars wie Bobby McFerrin, Angelique Kidjo, Paul Simon, Mos Def oder John Legend gesungen. Ihr neues, bei Sony erschienenes Album "The Lagos Music Salon" hat sie nach monatelanger Vorbereitung in der pulsierenden nigerianischen Hauptstadt, zugleich Afrikas Musikhauptstadt, aufgenommen. Es gilt bereits als Grammy-Kandidat.
jAZz Sunday München, Sonntag, 12. Juli, 15 Uhr: Groove Hospital; 16.30 Uhr: Gospel At Heart: 17.30 Uhr: Poetricks; 22.30 Uhr: Adriano Prestel; Wirtshaus am Bavariapark und Kongressbar; 21 Uhr: Somi, Unterfahrt, Einsteinstr. 42