Neu im Kino: Stallone als "John Rambo":Krieger der Träume

Sylvester Stallone hat sich unauslöschlich in den kriegerischen Part des amerikanischen Bewusstseins eingegraben: Jetzt startet er als "John Rambo" den finalen Durchmarsch.

Doris Kuhn

Es ist ein Satz übriggeblieben aus dem ersten Rambo-Film "First Blood", der ungefähr lautet "Ah, Sie haben hundert Polizisten auf ihn angesetzt - ich glaube nicht, dass das reicht." Der Gejagte ist John Rambo, und hundert Mann reichen natürlich nicht, denn Rambo ist der Krieger, von dem Amerika träumt. Blick und Körper hat er gestählt in den Dschungeln Vietnams, und er ist ordentlich traumatisiert von den Greueln da draußen.

Neu im Kino: Stallone als "John Rambo": Sylvester Stallone in "John Rambo", einem Actionfilm von altmodischem Flair.

Sylvester Stallone in "John Rambo", einem Actionfilm von altmodischem Flair.

(Foto: Foto: AP)

1982, in seinem ersten Abenteuer, lässt er sich noch mit den eigenen Leuten ein, nach seiner Rückkehr in ein Land voll mieser Siebziger-Jahre-Cops, die weder ihm noch dem Gesetz den nötigen Respekt zollen. Diese heikle Position allerdings verlässt er bald, um ein paar Stellvertreterkriege für Reagans Amerika zu führen - dort, wo man einen Sieg eigentlich verdient hätte, holt er ihn wenigstens auf der Leinwand heim.

Damit wurde er Mythos. Sylvester Stallone, der Mann mit den hängenden Schultern, hat es geschafft, sich unauslöschlich in den kriegerischen Part des amerikanischen Bewusstseins einzugraben. Er ist dort als Dreieinigkeit verankert, als John Rambo, als Rocky Balboa und als Sylvester Stallone selbst, denn die Grenzen zwischen ihm und seinen Figuren haben sich im Lauf der Jahre verwischt. Es scheint, als habe er nie etwas anderes gespielt als diese beiden Charaktere, vielleicht mit Ausnahme von einem lang zurückliegenden Auftritt in Paul Bartels "Death Race 2000", wo er mal viel Spaß und wenig Mission haben durfte.

Sonst aber tragen sie schwer, an der Last einer Botschaft, sie geben, alle drei, den Underdog mit Ehrenkodex, jeder von ihnen ist der Mann von der Straße, der Vernunft mit Vaterlandsliebe verbindet, Bescheidenheit mit Tatkraft, und der deshalb genau das besitzt, was Filmfiguren zu Volkshelden macht: Authentizität. Damit kamen die drei überraschend zu Erfolg und Ehre, und Rambo ist inzwischen in jedem Krisengebiet ein Name mit Erlöserpotential, ganz egal, ob ein anderer Teil des Publikums darüber feixt.

Sylvester Stallone selbst scheint auch der Unterscheidungsschwäche zwischen seiner Person und John Rambo zu erliegen. Wohl wissend um Rambos ikonenhaften Status bringt er ihn nun wieder auf die Leinwand, zum ersten Mal seit 1988, und führt ihn gegen einen Feind, mit dem wohl jede Menschenrechtsbewegung einverstanden ist: Stallone lässt Rambo noch einmal aufräumen für die Gerechtigkeit, und er hat sich diesmal besonders gut präpariert, hat offenbar beim Söldnermagazin Soldier of Fortune angerufen, um sich sagen zu lassen, "wo die Menschenrechte am schlimmsten mit Füßen getreten werden".

Birma war die Antwort, und in Birma schlägt Rambo also zu, um den Unterdrückten gegen das Militär dort zu helfen. Deckungsgleich erscheint hier die Empörung von Rambo und seinem Regisseur, gemeinsam bemühen sie sich um Hilfe für die Schwachen - was dem einen die Pumpgun, ist dem anderen die öffentliche Aufmerksamkeit, die durch seinen Film auf die birmanische Situation gelenkt wird.

Jenseits dieser lobenswerten Motive ist "John Rambo" ein Actionfilm von altmodischem Flair. Männer tragen Stirnbänder und Gewehre, die Devise "character is action" wird genau so eingehalten, da braucht man nicht viel Psychologie. Was man braucht, ist Gewalt, daran wird nicht gespart, sicherlich auch mit dem Ziel, die eben erwähnte öffentliche Meinung aufzurütteln.

Die Bilder sind zum Teil dahingewackelt wie Kriegsberichterstattung, wo Minenexplosionen die Umgebung ständig neu formen und eine Kamera es niemals wagt innezuhalten. Hier hinein stürzt sich nicht John Rambo, jedenfalls nicht von allein, dazu ist er zu erfahren, zu alt geworden als Kriegsveteran. Hier hinein stürzt eine Gruppe religiös motivierter Helfer, die dem Zuschauer schnell klarmacht, warum Rambo alle Sympathien in diesem Film verdient: Der verwitterte Kämpfer gibt seine Nichteinmischungspolitik zwar nur langsam für die gute Absicht auf, aber er beherrscht dafür die große Kunst des Schweigens.

RAMBO, USA 2008 - Regie, Buch: Sylvester Stallone. Kamera: Glen MacPherson. Mit: S. Stallone, Julie Benz, Paul Schulze, Matthew Marsden. Warner, 90 Min.

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