Neu im Kino: "Get smart":Würde, immer Würde!

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Vom schusseligen Angestellten zum Superagenten: Maxwell Smart erhebt sich wieder aus der Welt der Büro-Witze, diesmal zusammen mit Anne Hathaway.

Fritz Göttler

Umgekehrt wird auch in diesem Film ein Schuh draus, nämlich was die große Katastrophe angeht, den weltweit gefürchteten atomaren Knall - der wird hier ausgerechnet mit dem tumultösen Götterfunken koordiniert.

Anne Hathaway und Steve Carell in "Get Smart". (Foto: Foto: Warner Bros.)

Die berüchtigte Ode an die Freude des großen Ludwig Van wird von der Verbrüderungsschiene geholt und zum Countdown einer großen Zeitbombe umfunktioniert, in einer Dramaturgie so minutiös wie die in Hitchcocks "Der Mann, der zuviel wusste".

Eine Ekstase, in der Welterlösung und Weltuntergang lustvoll fusionieren. Schauplatz ist, in Anwesenheit des amerikanischen Präsidenten, die Disney-Konzerthalle in Los Angeles, eines jener ineinandergefalteten Gehry-Konstrukte, bei denen man meinen könnte, sie hätten eine Explosion schon hinter sich.

Neubelebung der legendären Serie

Apokalyptisches Gedankengut gehört zur Grundausstattung großer Agententhriller, aber Regisseur Peter Segal vergisst in seinem neuen Film nie den Ausgangspunkt des Unternehmens: die Neubelebung der legendären Serie "Get Smart" um den eigenartigen Geheimagenten Maxwell Smart, der oft ziemlich tumb daherkommt, aber manchmal seinem Namen durchaus Ehre macht.

Mel Brooks und Buck Henry haben die Serie entworfen und mit Figuren und Gags ausgestattet, Mitte der Sechziger, das war drei Jahre nach dem ersten Bond-Film und kurz bevor die ersten Superagenten des Kinos sich selbst auf die Schippe nahmen. Fünf Jahre lief die Serie, später gab es erfolglose Neubelebungen im Kino - "The Nude Bomb" - und im Fernsehen.

Nun gibt es eine neue Kinoversion, zwei Jahre, nachdem Daniel Craig in "Casino Royale" einen neuen Bond kreierte, und sieben Jahre nach dem 11. September, der angeblich das Actionkino von Grund auf verändert hat - der Tag wird kurz beschworen, wenn James Caan, ein treffliches Bush-Double, in einem Schulraum hockt und den Kindern vorliest.

Charme der Schusseligkeit schön bewahrt

Den Charme der Schusseligkeit, mit dem Maxwell Smart, der Agent 86 (früher gespielt von Don Adams) und seine Kollegin Agent 99 (damals: Barbara Feldon), bezauberten, hat der Film schön bewahrt, und er hat die beiden, nunmehr verkörpert von Steve Carell und Anne Hathaway, in eine Lehr- und Wanderjahre-Geschichte versetzt.

Sie arbeiten beide für Control, einen der zahlreichen mehr oder weniger geheimen, mehr oder weniger erfolgreichen Dienste der USA, sie als Agentin im Außendienst, er am Schreibtisch in der unterirdischen Zentrale, wo er hundertseitige Analysen zur Lage der Nation produziert und zum Einfluss der Gegenorganisation Kaos.

"Get Smart" erspart uns nichts vom schrecklichen Angestelltenalltag dort, das Mobbing und die Schikane, die kleinen Heftklammer-Foltern und Unter-dem-Gürtel-Witze. Die Typen, die diese Bürokratie bevölkern, sind so stupide wie schon lang nicht mehr - seit Kubricks "Dr. Seltsam", von dessen Mega-Warroom der Film sich auch für die Control-Zentrale inspirieren ließ.

Natürlich will auch Max nach oben, endlich an die Oberfläche, will ein richtiger Agent werden, beliebt wie Nr. 23, den Dwayne Johnson verkörpert, gerade rechtzeitig zum Obama-Hype.

Ein romantischer Jungen-Traum

Max dagegen hat mit Übergewicht zu kämpfen und hat einige Male die Agenten-Aufnahmeprüfung geschmissen. Dass er dann doch zum Einsatz kommt und das berühmte Schuhtelefon benutzen darf und nach Moskau geschickt wird, verdankt er der misslichen Situation, dass alle Control-Agenten dem Gegner bekannt wurden.

Es ist ein romantischer Jungen- (und Mädchen-)Traum, den der Film gnadenlos mit den Errungenschaften des Bourne-Kinos kombiniert. Ein Traum, der hinter dem Steuerrad des roten Sunbeam Tiger kulminiert, jenes kurzlebigen Traumsportwagens, den auch Steve Carell kurz entern darf, für ein paar Kilometer, dann geht ihm der Sprit aus. Und der Tiger schaut mehr denn je wie ein Kinder-, ein Ringelspiel-Vehikel aus.

Dignity, always dignity, das ist das Motto dieser Unternehmung. Max macht sich lächerlich, durchaus, aber er bleibt tadellos in seinem Bemühen, immer das Beste zu geben.

Der Film beschwört die Unschuld der Sechziger, als die Vorstellung von Coolness entstand, aber er lässt keinen Zweifel dran, dass diese Vorstellung von Anfang an zur Selbstparodie neigte, zum leeren Spiel der Formen.

Graziöser Mambo

Bill Murray ist für ein paar Sekunden zu sehen, als Agent im Sondereinsatz, in einem Baum, und man muss an die mythische Zeit der Metamorphosen denken, in der die Natur - Pflanzen, Tiere, menschen - so leicht und leichtfertig die Formen wechseln konnte. Da sind die Agenten von "Get Smart" den antiken Göttern und Halbgöttern vergleichbar, die sich mit ihren Affären und Operationen unter die Menschen mischen.

Auf dem abendlichen Fest in der Villa eines Waffenhändlers trägt Anne Hathaway einen Haarschopf wie einst die Kollegin Barbara Feldon und tanzt aufreizend mit dem schlimmen Mann. Max holt sich aus der Schar der dummen Tussies eine Frau im hellblauen Abendkleid, mit wuchtigen Formen. Mit ihr zusammen legt er einen graziösen Mambo aufs Parkett, die schönste Szene des Films. Dignity, always dignity!

Get smart, USA 2008 - Regie: Peter Segal. Buch: Tom J. Astle, Matt Ember. Kamera: Dean Semler. Schnitt: Richard Pearson. Musik: Trevor Rabin. Produktionsdesign: Wynn Thomas. Mit: Steve Carell, Anne Hathaway, Dwayne Johnson, Alan Arkin, Terence Stamp, James Caan, Masi Oka, David Koechner, Dalip Singh, Bill Murray. Warner, 110 Minuten.

Außerdem laufen an:

Dai-Nipponjin, von Hitoshi Matsumoto

Mamma Mia!, von Phyllida Lloyd

Sportsfreund Lötzsch, von Sandra Prechtel und Sascha Hilpert

© SZ vom 17.07.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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