Animationsserie:Viecher wie wir

Animals

Mäuschen spielen bei Ratten: Eine grobe, aber lebendige Skizzenhaftigkeit zeichnet Animals aus.

(Foto: HBO/Sky)

Es geht um Sex, gestörte Egos, billige Träume und kratzige Neurosen: Die Animationsserie "Animals" erzählt von ziemlich menschlichen Tieren in New York.

Von Fritz Göttler

Es ist eine Dreckswelt, draußen vor den Fenstern, auf den Straßen und über den Dächern der großen Stadt New York, grau und grieselig. Tauben leben dort, Ratten und Raupen, Katzen und Hunde, Eichhörnchen und Truthähne und die Kutschpferde vom Central Park. Eben diesen Viechern widmet sich die Animationsreihe Animals, gezeichnet von Phil Matarese und Mike Luciano, produziert von den Brüdern Mark und Jay Duplass, die mit The Puffy Chair und Cyrus im Kino starteten und inzwischen zu den eifrigsten und gewitztesten Serienmachern der letzten Jahre zählen.

Nie allein und immer angeschaut

Die Brüder sind die Vertreter einer neuen Unabhängigkeit im Post-Kino-Hollywood, in dem die TV-Sender und Streamingdienste mehr Einfluss und Produktivkraft haben als die Kinoproduktionsfirmen. Ein kleines Budget und absolute Kontrolle sind so verheißungsvoll für die Brüder, dass sie nicht Nein sagen können. Sie liefern Geschichten, die nicht über den pitch funktionierten - jene Formel, auf die man gewöhnlich in Hollywood seine Ideen bringen muss, um sie zu verkaufen. Für Animals produzierten Mark und Jay Duplass also erst mal selbst ein paar Folgen und stellten sie beim Sundance-Filmfest vor - wo HBO die Serie dann kaufte.

Wie in den meisten New-York-Geschichten geht es auch in Animals um Sex und Begehren, Machismo und Gescheitmeierei, um Partygeschwätz, um gestörte Egos und schmutzige Anmache, billige Träume und kratzige Neurosen. Einmal rollt gar einer Taube ein Golfball ans Bett und schon hat der Vogel die aberwitzige Vorstellung, er könnte also Mutter sein. Und manchmal gibt es auch einen Blick zurück auf uns Menschen, durchs Fenster nach drinnen, wo wuchtige Männer sich unterdrückte Frauen vornehmen. Das ist die Erkenntnis der modernen Psychologie - dass wir nie allein und bei uns sind, dass wir immer angeschaut werden, Gebilde von Reflexion und Spiegelung sind.

Extrem normal

Die Animals verkörpern hier das extrem Normale, und dass dies alles so normal klingt, liegt an den Freunden, die die Brüder Duplass neben sich selber zum Einsatz holten: die Schauspieler Jessica Chastain und Cobie Smulders, Aziz Ansari und Jon Lovitz. Minimal sind die Bewegungen der gezeichneten Tiere, und die Mäuler bleiben immer geschlossen, auch bei den Dialogen.

Es ist eine großartige Schäbigkeit in diesen Bildern, eine grobe, aber lebendige Skizzenhaftigkeit: "Wir hatten Zeichner verpflichtet", erinnert sich Mark Duplass, "die gut zeichneten, und es schaute einfach nicht shitty genug aus. Sollten wir sie mit der linken Hand malen lassen?" Man musste ihnen erst beibringen, wie ein etwa Siebenjähriger zu malen. Die Geschichten kriegen dadurch einen bewegenden, fremdartigen Touch, passend zu dieser Stadt mit der komischen grünen Lady mit ihrem Eistüten-Ding als Wahrzeichen, das man immer wieder im Hintergrund sehen kann.

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