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Das Leben des Revolverhelden "Wild Bill" wird im Stil des französischen Kinos erzählt. Und in der norwegischen Verfilmung eines Romans von Jo Nesbo baut der fiese Psychokiller jedem seiner Opfer ein Schneemännchen.

Von Fritz Göttler

James Butler Hickok, genannt Wild Bill, diesem legendären Spieler, Revolverhelden und Marshall, hat Walter Hill im Jahr 1995 einen Film gewidmet, "Wild Bill" (MGM). Jeff Bridges hat ihn gespielt, Ellen Barkin war seine Calamity Jane. Vielleicht ist jeder amerikanische Western ein Memento Mori, dieser beginnt mit der Beisetzung Bills, zum Gospel "Lean on Jesus". Bills treuer Chronist, John Hurt, erzählt von Irrfahrten, provozierten Schießereien in einsamen Saloons, schließlich der Ankunft in Deadwood Gulch, einer miesen, verschlammten Goldgräberstadt. In einem Eisenkäfig, der auf der Hauptstraße hängt, wird ein Indianer gefangen gehalten, der das Pech hatte, an dem Tag in der Stadt gewesen zu sein, als die Nachricht von General Custers Niederlage kam. Ein traumatischer Western, der sich jeder Actiondynamik verweigert, Erzählen in Fragmenten, vom puristischen europäischen Kino, Bresson, inspiriert. Ich lese eine Menge Borges, sagte der Filmemacher Walter Hills in einem Interview, der schreibt tolle imaginäre Sachen, aber auch Stories über Messerkämpfe in Kneipen.

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Ein farbenprächtiges Abenteuer an der britischen Küste ist "Die Bucht der Schmuggler" (Pidax) von John Gilling. In der Tradition von "Moonfleet" von John Meade Falkner und "Jamaica Inn" von Daphne du Maurier. Es geht um Strandräuber, die an den Klippen aufgelaufene Schiffe plündern, auch der Gutsherr, der strenge Squire Trevenyan, ist mitverwickelt. Peter Cushing, bekannt aus den Hammer-Horror-Filmen, spielt ihn, und wenn er den Mund zu einem geraden Strich zusammenkneift, ist er eine schaurige Verkörperung von Ordnung und Gesetz. Als er dem alten Duke der Grafschaft den Unterschied von Strandräubern und Wreckern (die die Schiffe stranden lassen, indem sie die Orientierungslichter an der Küste löschen) erklären will, scheitert er - das Wort ist einfach zu kompliziert.

Ein Western aus der klassischen Westernzeit, den Fünfzigern, "Thunder in the Sun / Donner in der Sonne" (White Pearl Classics), von Russell Rouse. Der hat mit Vorliebe schwarze Geschichten vom Rand erzählt: Er schrieb das Drehbuch zu "D.O.A", in dem ein Mann radioaktiv vergiftet wird und vor seinem Tod noch seinen Mörder sucht, schuf den Film "The Thief" mit Ray Milland als Atomspion, in dem es keinen einzigen Dialog gibt. In "Thunder in the Sun" zieht ein kleiner Baskentreck nach Kalifornien, sie flohen vor den Wirren der napoleonischen Kriege und wollen in Kalifornien ihre mitgebrachten Weinstöcke anpflanzen. Es gibt jede Menge Baskenmützen in dem Film und ernsthaftes Bemühen, die englische Sprache korrekt auszusprechen. Das Grün der Wiesen, das der famose Kameramann Stanley Cortez beschwört, erinnert an das im europäischen Süden, am Anfang filmt er ein Bordell wie ein Gefängnis, auf dessen Gängen die Damen den von der Nacht immer noch verkaterten Jeff Chandler geringschätzig mustern. Dann zieht er los, um die Basken zu führen.

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Norwegischer Noir, "Schneemann" (Universal) von Tomas Alfredson nach dem Roman von Jo Nesbø. Ein absoluter film maudit, sogar vom Filmemacher selbst verstoßen - zehn bis fünfzehn Prozent des Stoffes konnten wir überhaupt nicht drehen, sagt er, weil einfach die Zeit zu knapp war. Die Lücken in der Erzählung aber steigern die Intensität des Schauens, der Film erschließt sich über die Stimmung, nicht über die Konstruktion. Michael Fassbender spielt Harry Hole, Nesbøs müden, aber hellwachen Cop, einen Quartalssäufer. Anfangs erwacht er in einer Besucherhütte im verschneiten Vigeland-Park, und die eng aneinander geschmiegten Figurengruppen von Gustav Vigeland kommentieren stumm seine Einsamkeit. Herzzerreißend sind dann die Schneemännchen, die der Psychokiller für seine Opfer baut. Lange Zeit wollte Martin Scorsese den Roman verfilmen, nun hat er ihn mitproduziert.

Vom Anfang der Siebziger auf den Straßen von New York erzählt die HBO-Fernsehserie "The Deuce" (Warner), aus der Zeit, da Scorseses "Taxi Driver" entstand. Schwarze Zuhälter tummeln sich am Times Square, Nutten gehen lieber eigenverantwortlich anschaffen, Barmänner stehen sieben Nächte in der Woche hinter dem Tresen. Im Fernsehen wird das Muttermelodram Mildred Pierce gezeigt - einer der Kunden will nur mit seiner Nutte schauen, sonst nichts. Maggie Gyllenhaal und James Franco spielen Hauptrollen (Franco ein Zwillingsbrüderpaar) und haben mitproduziert, die Scripts sind von den "The Wire"-Serienstars David Simon und George Pelecanos.

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