Netzwerk-Recherche:"Verschlossene Auster" für IOC

Das Internationale Olympische Komitee ist mit dem Kritik-Preis "Verschlossene Auster" des Netzwerks Recherche ausgezeichnet worden - für die Medienpolitik im Vorfeld der Olympischen Spiele.

Die Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche hat dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) ihren Kritik-Preis "Verschlossene Auster" gewidmet. "Das IOC betreibt mit seiner Informationspolitik das Gegenteil von 'fair play'", sagte der Vorsitzende des Netzwerks, Thomas Leif, am Samstag auf der nr-Jahreskonferenz in Hamburg.

IOC-Präsident Jacques Rogge; Reuters

"Das Gegenteil von 'fair play'" - IOC-Präsident Jacques Rogge.

(Foto: Foto: Reuters)

Routiniert würden Teilwahrheiten verbreitet und heikle Themen systematisch ausgeblendet. Die "Auster" wird an Menschen, Unternehmen oder Organisationen vergeben, die Berichterstattung in den Medien behindert haben. In den Vorjahren war sie etwa an Bahn-Chef Hartmut Mehdorn und den Konzern Aldi gegangen.

Der Intendant des Norddeutschen Rundfunks (NDR), Lutz Marmor, warnte indes vor einer weiteren Bürokratisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Der von der Rundfunkkommission der Bundesländer am Donnerstag verabschiedete Entwurf für den 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag sei "sehr kleinteilig", sagte er. Es sei fraglich, ob das Medium Internet so reguliert werden könne. "Wir akzeptieren finanzielle Grenzen", sagte er mit Blick auf die Internet-Angebote von ARD und ZDF. "Wir möchten das nur nicht kleinteilig in Gesetzen festgeschrieben haben."

Der Entwurf sieht vor, dass ARD und ZDF sich auf eine Einschränkung ihrer Aktivitäten im Internet einstellen müssen. Demnach sollen die Sender künftig nur "sendungsbezogene" Angebote ins Netz stellen dürfen, auch eine "elektronische Presse" in Konkurrenz zu Zeitungen soll es nicht geben.

ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender forderte: "Die Grundsätze des dualen (Medien-)Systems müssen sich in das neue Medium Internet hineinübertragen lassen". Pläne, dass öffentlich-rechtliche Sender einige Angebote nur sieben Tage im Internet abrufbar halten dürfen, nannte er "weltfremd". Der Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung, Hans-Werner Kilz, betonte, es sei falsch, "die Öffentlich-Rechtlichen mit Krampf vom neuen Medium wegzuhalten".

Ein weiteres Thema auf der zweitägigen Konferenz, an der rund 600 Journalisten teilnahmen, war der politische Journalismus. Diskutiert wurde über eine vom Netzwerk veröffentlichte Studie der Medienforscher Leif Kramp und Stephan Weichert. Diese hatten 33 Expertengespräche mit Journalisten, Lobbyisten und politischen Sprechern ausgewertet und waren zu dem Schluss gekommen, dass Online-Angebote und Boulevardmedien immer mehr den Takt vorgeben. Neue Kommunikationskanäle wie SMS und Videobotschaften von Politikern im Internet setzten Journalisten zunehmend unter Druck.

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