Netz-Depeschen:Die Story meines Lebens

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Die Geeks und Nerds im Silicon Valley versuchen zwar die Reporter mit ostentativem Desinteresse am Film "The Social Network" zu verblüffen. Viele Online-Magzine aber beschäftigten sich genüsslich mit der Frage, was nun Dichtung und was Wahrheit sei.

N. Hofmann

William Randolph Hearst hat es nicht besonders locker genommen, dass da jemand, wenn auch sehr frei, sein Leben verfilmen wollte. Schon während der Produktion versuchte der Pressezar mit aller Macht die Entstehung von "Citizen Kane" zu verhindern. Als der Film dann abgedreht war, soll er das vergebliche Angebot gemacht haben, die Rollen aufzukaufen, um sie vernichten zu lassen. Und als Orson Welles' Meisterwerk trotz allem in die Kinos kam, zahlte die Hearst-Presse sogar Bestechungsgelder, um den Film aus den Sälen zu bekommen.

Zunächst reagierte Marc Zuckerberg mit der Bemerkung, gar nicht sehen zu wollen, wie Jesse Eisenberg (r.) als Zuckerberg auftrete. Jetzt hat seiner Firma aber doch mehrere Kinosäle angemietet. (Foto: dpa)

Gemessen an diesem Vorbild hat Marc Zuckerberg, der Kommunikationsmagnat unserer Tage, recht entspannt auf "The Social Network" reagiert, den Film, in dem Regisseur David Fincher und Drehbuchautor Aaron Sorkin seinen Aufstieg und den seiner Schöpfung Facebook nicht nur schmeichelhaft verarbeitet haben. Zwar soll auch das Facebook-Management hinter den Kulissen versucht haben, auf den Film Einfluss zu nehmen, und offiziell hat sich Zuckerberg nur abschätzig und mit der Ankündigung geäußert, den Streifen nicht sehen zu wollen. Doch am ersten Kinowochenende mietete die Firma dann für ihre Mitarbeiter dann doch mehrere Säle in einem Filmtheater in Mountain View an, wie das zur New York Times gehörende Technik-Blog Bits berichtete.

Die Geeks und Nerds im Silicon Valley versuchten zwar die ausgeschwärmten Reporter mit ostentativem Desinteresse zu verblüffen. Viele Online-Magzine aber beschäftigten sich rund um den Filmstart genüsslich mit der Frage, was im Film nun Dichtung und was Wahrheit sei.

Die bizarrsten Details rund um die hünenhaften, steinreichen und ultrasportlichen Winklevoss-Zwillinge etwa entsprächen zwar der Wahrheit, schrieb bei The Daily Beast der Autor David Kirkpatrick. Nicht erwähnt werde aber, dass Eduardo Saverin, der traurige Held, der im Film von seinem vermeintlichen Freund Zuckerberg aus der Firma gedrängt wird und ihn verklagen muss, nach dem Prozess für seine sechsmonatige Mitarbeit mit einem Aktienpaket entschädigt wurde, das heute einen Wert von 1,4 Milliarden Dollar habe. Kirkpatricks Buch über die Facebook-Gründung hat übrigens den allerhöchsten Segen Zuckerbergs.

Auf die Faszination des Bösen setzt Peter Thiel, einer der frühen Investoren von Facebook. Schon vor dem Filmstart schwärmte er davon, dass sich der Film noch als Segen für das Silicon Valley erweisen könne. Oliver Stones "Wall Street" habe in den achtziger Jahren seinen Gegenstand noch viel negativer gezeichnet als "The Social Network" das mit Facebook mache. Und was sei der Effekt gewesen? "Dieser Film hat für die nächsten zwanzig Jahre Menschen Lust gemacht, an die Wall Street zu gehen."

© SZ vom 11.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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