"NeinQuarterly" auf der Buchmesse:Der Wein, er ist so köstlich gratis

Was macht man, wenn man sich nicht so recht an den neuen Ruhm als Buchautor gewöhnen kann? Trinken, natürlich.

Von Eric Jarosinski alias "NeinQuarterly"

Die Kolumne von NeinQuarterly zur Frankfurter Buchmesse

Vom Literaturprofessor an der University of Pennsylvania zum hauptberuflichen Twitterer: Als @NeinQuarterly veröffentlicht Eric Jarosiński Aphorismen, Wortwitze und manchmal einfach nur Quatsch. Über deutsche Literatur, Philosophie und das generelle Leiden am Intellektuellendasein. Für die SZ schreibt er während der Frankfurter Buchmesse eine tägliche Kolumne über den großen und kleinen Wahnsinn in den Bücherhallen.

Der dritte Tag auf der Buchmesse beginnt schon am zweiten Tag auf der Buchmesse. Und zwar um Mitternacht auf einer Party im Literaturhaus Frankfurt, wo man sich mit einem auf Verlagskosten tüchtig nachgefüllten Weinglas in der Hand wiederfindet. Und nein, man ist selber leider Gottes nicht mehr so jung, aber der Abend irgendwie schon. Und der Tag, er war lang. Und der Wein, er hat nicht den besten Ruf, ist aber so köstlich gratis.

Vermutlich unter dessen Einfluss fängt man langsam an, die ganzen Buchmessenklischees gleichzeitig zu mögen und zu hassen, indem man selber zu einem wird.

Zum Glück steht mein Agent an meiner Seite und passt gut auf mich auf. Mehrmals stelle ich ihn an diesem Abend vor, obwohl ich es als Neuling im Büchergeschäft noch komisch finde, dass ich überhaupt einen Agenten habe. Das Wort will mir nicht so richtig über die Lippen.

Die Publishing-Pappenheimer scheinen sich zu kennen

Ich möchte viel lieber sagen: "Ja, und hier mein Kumpel Markus, ein sehr zuverlässiger, aber doch super entspannter Deutscher, der in New York lebt, in Kalifornien surft, morgen Abend in einer Jazzband spielt und sich nebenbei um die Rechte kümmert." Vielleicht ist das aber alles sowieso unter dem Begriff "Agent" zu verstehen. Die Publishing-Pappenheimer scheinen sich zu kennen.

Ich hätte es nicht gedacht, aber es gibt auch mir bekannte Gesichter unter den Gästen. Ich bin seit einem Jahr in Nordamerika und Europa auf Lesereise unterwegs, davon die ersten elf Monate ohne Buch, und einige Tour-Bekanntschaften sind auch in Frankfurt. Der Typ von Lit.Cologne. Die Frau vom Rowohlt Verlag. Der Herr Soundso von Dingsbums, der meint, mich irgendwie schon zu kennen. Man ist also doch unter Freunden.

Und so geht der Abend weiter. Man erzählt vom Buch-Projekt, verspricht sich heimlich, diesen Fehler beim nächsten Buch nicht noch mal zu machen, und trinkt weiter. Nebenbei lobe ich den Twitter-Account von The Economist, schimpfe auf schlechten Handyempfang, Gott und die Welt, und erkläre einem Zeitungsjournalisten ausführlich sein Geschäft.

Die nächste Messefete lockt

Aber tja, der Spaß nimmt irgendwann ein Ende. Man steht am nächsten Tag verkatert auf. Und geht widerwillig zurück zu den Messehallen.

Nehme ich an.

Denn dieser Autor liegt noch im Bett. Tot, wie es sich in der Postmoderne gehört. Aber er steht vielleicht noch rechtzeitig für die nächste Messefete wieder auf.

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