Nachruf:Pauline Oliveros gestorben

Nachruf: Pauline Oliveros, geboren 1932 in Texas, wurde mit ihren verfremdeten Akkordeonklängen zur weltweit verehrten Pionierin der elektronischen Musik.

Pauline Oliveros, geboren 1932 in Texas, wurde mit ihren verfremdeten Akkordeonklängen zur weltweit verehrten Pionierin der elektronischen Musik.

(Foto: Club Transmediale)

Die Musikierin, 1932 in Texas geboren, wurde mit ihren verfremdeten Akkordeon-Klängen zur Pionierin der elektronischen Musik.

Von Jan Kedves

Röhren-Oszillatoren, Bandmaschinen, Telefon-Schalttafeln und jede Menge Kabel: Das waren die Instrumente, mit denen Pauline Oliveros, geboren 1932 in Houston, Texas, Anfang der Sechzigerjahre im San Francisco Tape Music Center, nun ja, Musik machte. Viele wollten das damals ja noch nicht so nennen, weil es merkwürdig und außerplanetarisch klang. Oliveros hatte das Studio zusammen mit dem Komponisten Morton Subotnick und einigen anderen Musikern gegründet, es wurde zum Westküsten-Hang-out der Minimal- und Avantgarde-Musikszene. Terry Riley und Steve Reich nahmen hier auf. Oliveros, von Haus aus Akkordeonistin, wurde zu einer der wenigen weiblichen Ikonen der elektronischen Musik. Ein Frau mit trockenem Humor, Typ Tomboy, die später unter anderem an der University of California lehrte. "Deep Listening" nannte sie ihre eigene Philosophie des Hörens, bei der es darum geht, sich ganz in ausklingende Töne hinein zu vertiefen. Eine akustische Schule der Achtsamkeit sozusagen, von der John Cage sagte, er habe durch sie zur Harmonie gefunden. "Deep Listening", der Name kam Oliveros, als sie 1984 mit ihrem Akkordeon an dem Projekt "Vor der Flut" in Köln teilnahm, im unterirdischen Severin-Wasserspeicher. Ein leerer Betontank für 20 Millionen Liter, mit einer Nachhallzeit von 45 Sekunden. "Ich behandelte die Zisterne wie einen riesigen Echo-Prozessor, auch wenn der Klang rein akustisch war", sagte Oliveros über das so entstandene Stück "Watertank Software".

Wie einflussreich sie war, zeigte sich im Februar etwa bei der Berliner Transmediale, wo sie die Klänge ihres ferrariroten Akkordeons zusammen mit der live vorgetragenen Lyrik ihrer Lebensgefährtin Ione durch selbst entwickelte Software-Schleifen schleuste. Oder im Oktober in Montreal bei einer Vorlesung, in der sie angehenden Musikproduzenten erklärte, sie müssten erst einmal das Hören lernen, bevor sie die Welt mit ihren Sounds verschmutzen - worauf ihr stehend applaudiert wurde. Am Freitag hat Pauline Oliveros im Alter von 84 Jahren ihre irdische Hardware hinter sich gelassen.

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