Nachruf:Outlaw mit Stil

FRANCE-RDCONGO-WEMBA

Papa Wemba während eine Pressekonferenz 2004 in Paris.

(Foto: Joel Robine/AFP)

Papa Wemba war für Generationen urbaner Afrikaner eine Identitätsfigur, irgendwo zwischen David Bowie und Prince.

Von Jonathan Fischer

Eine der skurrilsten Szenen jenes Feldforschungstrips, der Damon Albarn 2007 zusammen mit seiner Band Gorillaz, sowie einer Menge HipHop-Stars von De La Soul bis zu den Roots nach Kinshasa führte, war eine Audienz beim König des kongolesischen Pop. Papa Wemba empfing wie ein Papst: Einzeln durften die westlichen Kollegen ins Separee von Wembas Nachtklub im Viertel Matonge, wo der rundliche Sänger seinen Besuchern nachlässig seine Siegelringe zum Handkuss darbot. Ein Auftritt irgendwo zwischen esoterischer Popshow und Größenwahnsinn.

An Selbstbewusstsein hat es Papa Wemba nie gefehlt. Als Sänger, Mode-Idol und Aushängeschild des kongolesischen New Wave Rumba beeinflusste er seit den Siebzigern mehrere Generationen afrikanischer Musiker. Und er begründete quasi-religiösen Kult um teure westliche Designermode. 1949 als Jules Shungu Webadio im Kasai geboren, gehörte Papa Wemba als 20-Jähriger zu den Mitbegründern von Zaiko Langa Langa, einer Band die die traditionelle Musik Zentralafrikas mit europäischen Pop-Posen verband.

1974 gründete Papa Wemba mit Kollegen eine Band. Der große Erfolg aber kam erst ein paar Jahre später, als er sich mit Viva La Musica selbständig machte. Nun folgte ein Pophit auf den nächsten: Papa Wembas hohe, nasale Klagegesänge schienen dabei über den galoppierenden Rumba-Rhythmen und den süßlich klingenden Gitarren seiner Band zu schweben. Seine Bühnenshow mit Großorchester, Tänzerinnen und aufwendigen Kostümwechseln füllte Stadien in ganz Afrika.

Papa Wemba inszenierte sich als Outlaw mit Stil. Er stieg mit Dreiteiler, Gaultier-Hemd und italienischen Designer-Schuhen zum Idol der Sapeurs auf. La Sape ("Societé des Sapeurs et Personnes Elegantes"), das war eine entrückte Parallelwelt, in der Haute Couture den Staub und das Elend von Kinshasas Straßen konterkarierte. Das Stilbewusstsein Papa Wembas wurde zum Initiationsritual einer politisch desillusionierten Jugend. Das junge urbane Afrika hatte in ihm eine Identifikationsfigur irgendwo zwischen David Bowie und Prince gefunden.

Ende der Achtziger gelang Wemba der Crossover in den Westen. Mit Peter Gabriel spielte er Alben mit einer Rumba-Rock-Fusion ein. Als er 2004 nach dreimonatiger Haft wegen Menschenschmuggels aus einem französischen Gefängnis zurückkehrte, wurde seine Heimkunft in den Straßen Kinshasas begeistert gefeiert. Nicht einmal der Präsident konnte ähnliche Fähnchenparaden für sich reklamieren. Am vergangenen Sonntag brach der Sänger während eines Auftritts in Abidjan auf der Bühne zusammen. Der selbsterklärte Sapeur Numero Un wurde 66 Jahre alt.

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