Nachruf:Eberhard Jäckel ist gestorben

Eberhard Jäckel

Eberhard Jäckel (1929 - 2017).

(Foto: Bernd Weissbrod)

Mit dem Buch und dem Film "Der Tod ist ein Meister aus Deutschland" wurde er bekannt. Gemeinsam mit Lea Rosh initiierte er das Holocaust-Mahnmal. Am Dienstag ist der Historiker Eberhard Jäckel gestorben.

Von Joachim Käppner

"Was eigentlich würde sich ändern, wenn der nationalsozialistische Mord (an den Juden; SZ) nicht einzigartig gewesen wäre? Sollte die Bundesrepublik dann etwa keine Wiedergutmachungszahlungen mehr leisten, der Bundeskanzler sich nicht mehr in Yad Vashem verneigen und der Bürger sich besser fühlen?"

Eberhard Jäckel war ein Mann, der die Dinge wie die Fragen auf den Punkt zu bringen vermochte. Die Frage, was sich denn ändern würde, galt 1987 während des Historikerstreits den Rechtskonservativen um Ernst Nolte; der Berliner Geschichtsprofessor hatte ja die Einzigartigkeit des Holocaust bestritten. Dass diese Art des historischen Revisionismus in der Debatte am Ende recht kläglich aussah, war auch das Werk von Eberhard Jäckel. Dem 1929 geborenen Historiker und Experten für den Nationalsozialismus konnte Nolte nicht mit dem üblichen Totschlagargument kommen, er argumentiere emotional oder ideologisch und nicht wissenschaftlich. Jäckel, 1967 bis 1997 Professor für Geschichte an der Stuttgarter Universität, wies Nolte nach, dass es diesem wohl eher darum gehe, "die Deutschen von der Last dieses Teils der Geschichte zu befreien".

Eberhard Jäckel selbst hatte schon als junger Forscher begriffen, dass dies nicht möglich ist, dass man sich der Geschichte stellen muss; der Genozid an den Juden wurde das Thema seines Forscherlebens. Es waren Jüngere wie Jäckel, welche den Staub fortbliesen, der noch in den Sechzigerjahren vielerorts dick auf der deutschen Geschichtswissenschaft ruhte. Er hatte unter anderem an der Sorbonne in Paris und in den USA studiert, das half, die thematischen Scheuklappen in der Heimat zu ignorieren. Jäckel engagierte sich 1968 für Willy Brandt und trat in die SPD ein.

"Der Tod ist ein Meister aus Deutschland" gehört zu seinen bekanntesten Werken

Zu seinem eigenen Erstaunen und Verdruss geriet er in späteren Jahren in den unzutreffenden Ruf, zu den eher konservativen Kräften zu gehören. Der modernen Strukturwissenschaft missfiel seine Rolle als, wie die Historiker sagten, "Intentionalist": Jäckel ging davon aus, dass der Mord an den Juden schon lange vor 1933 Hitlers feste Absicht gewesen sei, die er dann, einmal an der Macht, konsequent umgesetzt habe. Kritiker wie Hans Mommsen hielten diese Auffassung für zu schematisch, blieben aber in der Minderheit. Zu Jäckels bekanntesten Werken gehören Buch und Film "Der Tod ist ein Meister aus Deutschland", die er zusammen mit der Publizistin und engen Freundin Lea Rosh produzierte.

Für die linken Kritiker des Berliner Holocaust-Mahnmals, für das er sich gemeinsam Lea Rosh einsetzte, fehlte ihm das Verständnis: Jäckel war in einer Zeit Professor geworden, in der ein offenes Bekenntnis der Gesellschaft zur deutschen Schuld noch undenkbar war; was jetzt daran falsch sein sollte, erschloss sich ihm nicht. Das Denkmal, das Stelenfeld von Peter Eisenmann, ist längst gebaut und ein würdiger, viel besuchter Ort. Es sieht so aus, als habe die Geschichte einem ihrer besten Kenner recht geben wollen. Eberhard Jäckel starb am Dienstag im Alter von 88 Jahren.

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