Nachrichten aus dem Netz:Mein Promi kommt

Eine Mischung aus Tombola und Online-Kaufhaus: Anbieter wie Omaze verlosen Treffen mit Stars. Je mehr Geld die Bewerber ausgeben, desto größer die Chancen. Der Einstiegspreis für ein Tennis-Match mit Steffi Graf liegt bei zehn Dollar.

Von Michael Moorstedt

Seit Kurzem trainiert Steffi Graf wieder. Zwar sei sie noch ein bisschen eingerostet, schrieb die frühere Tennisspielerin vergangene Woche auf ihrer Facebook-Seite, doch sie müsse sich auf ein wichtiges Spiel Anfang Dezember vorbereiten, ein gemischtes Doppel zusammen mit ihrem Mann Andre Agassi. Steffi Graf ist 47 Jahre alt, ihr Mann ist 46. Die Gegner? Sie stehen noch nicht fest. Es könnte so gut wie jeder sein. Zumindest jeder, der sich zuvor auf der Internetseite omaze.com für das Spiel beworben hat, der Einstiegspreis liegt bei zehn US-Dollar, der glückliche Gewinner wird ausgelost.

Omaze ist die perfekte Mischung aus Crowdfunding-Seite, Tombola und Online-Kaufhaus. Nur dass man hier anstatt Produkten die Zeit und Aufmerksamkeit von Prominenten erwerben kann. Ein Surftrip mit Weltmeister Kelly Slater? Ein Kochkurs mit einem Fünf-Sterne-Chef? Abhängen mit Ryan Gosling oder Harrison Ford? Alles ist möglich, und je mehr Geld man ausgibt, desto höher sind die Chancen zu gewinnen.

Die eingenommenen Summen gehen an eine Wohltätigkeitsorganisation nach Wahl des jeweiligen Promis, Omaze selbst behält 20 Prozent des Geldes ein. Ähnlich funktioniert die Website ifonly.com, nur dass man sich hier die Versteigerungskomponente spart und die Erlebnisse mit den Stars zu Fixpreisen anbietet. Das Konzept scheint aufzugehen. Beide Start-ups haben in den üblichen Finanzierungsrunden mit Risikokapitalgebern zweistellige Millionensummen eingestrichen.

Ein Treffen mit den "Rolling Stones" gibt es für 6000 Dollar

Es ist eine hochgezüchtete Variante jener Erlebnisgutscheine, die man inzwischen an jeder Supermarktkasse erwerben kann. Nur dass man anstatt eines Gleitschirmflugs oder einer Probefahrt mit einem ausrangierten Panzer nun auch ein Backstage-Treffen mit den Rolling Stones erwerben kann. 6000 Dollar werden auf Ifonly für ein kurzes Meet-and-Greet hinter der Bühne aufgerufen. Die Preise variieren freilich je nach Promi und Dienstleistung. Eine personalisierte Anrufbeantworter-Botschaft von Schauspielerin Susan Sarandon gibt es etwa schon für 400 Dollar. Auf Omaze oder Ifonly werden Prominente so konsequent zu Produkten wie niemals zuvor.

Berühmtheit im Internet ist ohnehin ein seltsames Dasein mit vielen Aggregatszuständen. Da wäre zum einen der klassische A-Promi, Beyoncé gehört zu dieser Kategorie. Mehr als 14 Millionen Menschen folgen ihr auf Twitter, obwohl sie dort nicht einmal zehn Botschaften gesendet hat. Eine klassische Kommunikation von oben nach unten, von einem zu vielen, so als hätte es die sozialen Medien nie gegeben. Auf der anderen Seite des Spektrums stehen all jene Youtube- und Vine-Stars, von denen sieben Achtel der Bevölkerung noch nie gehört haben, die aber trotzdem ebenso viele, wenn nicht sogar mehr Anhänger um sich scharen. Es ist eine seltsame Form von Partikular-Berühmtheit, die hier entstanden ist, die sich trotzdem nicht weniger real anfühlt: Nach wie vor fallen die Teenies reihenweise in Ohnmacht, wenn ihre Stars vom Netz in die Echtwelt herabsteigen.

Vielleicht ist das alles aber bald schon obsolet. Schließlich gibt es inzwischen auch Dienstleister wie Crowds on Demand, die dafür sorgen, dass sich jeder wie ein Promi fühlen kann. Sie vermitteln auf Anfrage Komparsen, die sich wahlweise wie Fans, Journalisten oder Paparazzi verhalten.

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