Nachrichten aus dem Netz (58):Britney, Don't Do It!

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Im Internet kursieren inzwischen Hunderte Popsongs als Fälschung. Fans sind von den skurrilen Verfremdungen begeistert - Stars wie Madonna wissen sie für sich zu nutzen.

Franziska Schwarz

Hunderte Popsongs kursieren inzwischen als mehr oder weniger subtile Fälschung im Internet. Aber selbst in so offensichtlichen Fällen - die falschen Versionen beispielsweise, die Titel auf Madonnas kürzlich erschienenem Album "Hard Candy" aufgreifen - scheint das niemanden zu stören.

Soll absichtlich verfremdete Versionen der eigenen Songs ins Netz gestellt haben: Madonna (Foto: Foto: AFP)

Letzten Sommer, als die Stücke der Platte als illegale Vorabveröffentlichung plötzlich online waren, hatten sich in Filesharing-Foren ob ihrer Echtheit die Fronten verhärtet. Während einige Puristen vor der verdächtigen Tracklist warnten, bekundeten andere ihre vorbehaltlose Begeisterung. Ein Madonna-Song namens "Britney, Don't Do It" ist wirklich großartig - selbst wenn die entpackte Musikdatei nahelegt, dass Madonna ihre Demos jetzt mit einem billigen Mikro am Heimcomputer aufnimmt und sich Ashley Breathe nennt.

Gerüchten zufolge haben der Plattenkonzern Warner und Madonna übrigens absichtlich verfremdete Songs hochgeladen, um die Reaktionen der Fans zu testen und die inzwischen unvermeidliche Verbreitung der Originale vor der Veröffentlichung eines Albums zu erschweren. Eine so aufwendige Guerilla-Taktik trauen den Major Labels allerdings nur wenige zu. Anders sah es vor ein paar Jahren aus, als plötzlich geloopte Ausschnitte aus echten Eminem-Songs auftauchten. Doch ein Loop ist sehr einfach zu produzieren - gute, überzeugende Täuschung geht anders.

Eine anonyme Gruppe von Musikern, die sich das "Overdub Tampering Committee" nennt, macht es vor: Sie lädt sich Album-Leaks, also inoffizielle Song-Versionen, aus dem Netz herunter, schraubt kaum merklich etwas an der Instrumentierung herum und lädt die manipulierten Stücke dann wieder hoch.

Seit 2005 betreibt das Committee diese minimale, kaum hörbare Sabotage von fremden Sounds angeblich, jetzt haben sie ein Online-Manifest veröffentlicht: "Das Problematische am illegalen Download ist: Du weißt nicht, ob jemand mit deiner Lieblingsband Schindluder getrieben hat." Sogar Radiostationen hätten schon versehentlich Committee-Versionen von Songs gespielt, behauptet die Gruppe und feixt, dass sich Musiker bald am Kopf kratzen und sich fragen werden, was mit ihrem eigenen Song nicht stimmt.

In Online-Foren wird jetzt gemutmaßt, dass das Committee auch für den vermeintlichen Radiohead-Song "Cider and Cookies" verantwortlich sei. Das Stück handelt vom Kekse-Essen und vom Apfelwein-Trinken und besteht aus eckigen Gitarrenläufen und lallendem Gesang: "Bum-Bum-Badums". Fans laden die "Rarität" als Bonustrack der Radiohead-Platte "Kid A" noch heute herunter und diskutieren intensiv über die Produktion und den Gesang von Thom Yorke - sehr zur Erheiterung der mittlerweile aufgelösten New Yorker Band Casqueades.

© SZ vom 30.06.2008/aho - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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