Nachbarn:"Willkommen dahoam!"

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Von der Robe bis zur "Deutschen Eiche": Die Gärtnerplatz-Bewohner und Geschäftsleute freuen sich auf die Heimkehrer und auf eine gute Nachbarschaft.

Von Thomas Jordan

"Mei, unfassbar. Ich freu mich riesig! Das ist das Herz des Viertels, da pulsiert's!" Hera Rauch steht in dem winzigen Büro, das an ihren "Kostüm- und Bühnenverleihs Hera" in der Buttermelcherstraße 2a anschließt. Ihr Blick schweift über den Rollständer mit Kostümen, der fast den ganzen Raum einnimmt. Mexikanische Ponchos hängen dort neben Barockroben, auf dem Regal darüber reihen sich Wikingerhelme aneinander. Seit dem Jahr 2000 betreibt die Schneiderin hier ihren Kostümverleih. Nicht nur, dass früher oft Sänger und Tänzer aus dem Gärtnerplatzensemble zu ihr kamen, um sich für die Aftershow-Feier auf der Theaterterrasse Kostüme auszuleihen. Schon allein, dass in Zukunft wieder die vielen Operettenbesucher in ihren Roben die Straßen säumen werden, verzückt sie. Was sie dem wiedereröffneten Theater wünsche? "100 Jahre schöne Inszenierungen, die zum Theater passen!" Schließlich sei es ja schon des Königs liebstes Haus gewesen.

Nur ein paar Meter schräg gegenüber auf der anderen Straßenseite liegt das kleine Ateliergeschäft von Clara Niggl. Die Münchner Designerin zählt mit ihren robusten Hemd- und Hosenkreationen nicht nur Tänzer, sondern auch den Chefdirigenten des Gärtnerplatzorchesters selbst zu ihren Kunden. Ihr Leben und Arbeiten in unmittelbarer Nachbarschaft zum Theater hat sie kurzerhand in Gedichtform festgehalten: "Willkommen Schauspieler, Requisiteure, Tänzer, Näherinnen,/ ein kurzes Winken an der Schaufensterscheibe./ Willkommen zurück auch das Leuchten der Fenster,/ vom prächtigen Portal bis in die Seitenstraßen,/ in der Dämmerung, wenn ich auf dem Fahrrad nach Hause fahre."

Rund ums Rondell mischen sich "Freude, Nostalgie, Erleichterung"

Ein kleines Stück die Reichenbachstraße hinunter sitzt Dietmar Holzapfel beim Morgenkaffee auf einer der Holzbänke vor seinem Hotel Deutsche Eiche. Seit mehr als 150 Jahren sind der legendäre Treffpunkt für die Schwulen- und Lesbenszene und das Gärtnerplatztheater schon Nachbarn. Und selbst in den letzten fünf Jahren, als das Ensemble auf wechselnde Bühnen in ganz München ausweichen musste, haben Künstler des Theaters weiterhin in der Deutschen Eiche gewohnt, erzählt der Besitzer Dietmar Holzapfel stolz. Nur die Theaterbesucher, die hätten in den letzten Jahren schon gefehlt. "Deswegen freuen wir uns sehr, dass die lange Renovierung vollbracht ist, und wir wieder unsere gewohnte Partnerschaft leben können. Willkommen dahoam!" Holzapfel denkt auch an die über 500 Theater-Mitarbeiter, die nun unter stark verbesserten Bedingungen spielen und arbeiten können. "Wie werden die Künstler erleichtert sein! Auf eine glorreiche Zukunft!"

Auch Alexander Miklosy, seit 15 Jahren Vorsitzender des Bezirksausschusses Isarvorstadt/Ludwigsvorstadt ist, hat eine persönliche Beziehung zum Gärtnerplatztheater. Miklosy steht in der Mitte des blumengeschmückten Rondells und deutet auf die oberste Etage. "Dort in der Kantine habe ich 2004 die Verpartnerungsfeier mit meinem Lebenspartner gemacht." Bei ihm ist es eine Mischung aus "Freude, Nostalgie, aber auch Erleichterung", dass das "Zentrum des Viertels" zurückgekehrt ist und das Tauziehen um die Renovierungs-Millionen geklappt hat. Dass das Gärtnerplatzviertel ein guter Ausgangspunkt für Karrieren sein kann, wissen nicht nur Theaterleute. Gleich ums Eck, in der Klenzestraße begann der Siegeszug der Modemacher Johnny Talbot und Adrian Runhof, die dort heute noch ihr Atelier betreiben: "Wir freuen uns, dass der Gärtnerplatz wieder Heimstätte höchsten Kunstgenusses ist!"

© SZ vom 12.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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