Nach dem Christiansen-Coup:Unschlagbar - und erledigt

Günther Jauch übernimmt das Hochamt des Polit-Talks am Sonntagabend. Gut. Aber was macht eigentlich RTL noch aus, wenn der Star-Moderator nun Stück für Stück zu den Öffentlich-Rechtlichen wechselt.

Hans Leyendecker

Die Macher von RTL plagte früher ein Alptraum: ¸¸Was machen wir eigentlich, wenn Günther Jauch gegen einen Baum fährt?", fragte vor Jahren in später Runde ein Sendergewaltiger und sah in ratlose Gesichter. Die Frage bedarf in diesen Tagen der Zuspitzung: Was macht RTL, wenn Jauch nicht nur die Sonntags-Talkshow der ARD moderiert, sondern, Sendung für Sendung, das System wechselt?

Jauch Christiansen RTL ARD

Kehrt in der Ära nach Jauch der größte TV-Werbeträger Europas zu den Anfängen zurück?

(Foto: Foto: dpa)

¸¸Auf dem Schirm muss sich was bewegen, in Farbe" lautete der Programmauftrag der ersten Stunde, den der einstige RTL-Vormann Helmut Thoma etwas zynisch formuliert hat. Kehrt in der Ära nach Jauch der größte TV-Werbeträger Europas zu den Anfängen zurück?

Nach einem Transfer hießen die Stars im Ersten: Jörg Pilawa, Reinhold Beckmann, Harald Schmidt und - Günther Jauch. Lauter Moderatorentypen, die vermutlich selbst auf dem Mars ihr Publikum fänden. Ein gestandener Journalist ist nicht darunter. Ist man altmodisch, wenn man den Zeiten nachtrauert, da Claus Hinrich Casdorff, Peter Merseburger und Gerd Ruge die Gesichter der ARD waren, die laut höchstrichterlicher Entscheidung einen ¸¸klassischen Rundfunkauftrag" hat? Mancher Zuschauer wird die Frage, wer die gekürzten Magazinsendungen moderiert, noch mit den alten Namen beantworten: Franz Alt etwa. Das Publikum ist in die Jahre gekommen. Zu bestaunen ist das Versagen eines Privatsenders, dem wichtigsten Mann des Hauses neue Felder zu öffnen - aber auch der Triumph des bösen Buben der ARD, des Programmdirektors Günter Struve. Er ist ein gebildetes Trivialgenie ohne allzu große Skrupel - er hat die ARD so konkurrenzfähig gemacht, dass sie sich fürchten muss. Hat das Erste keine eigenen Talente?

Aus der RTL-Sportredaktion wechselt in diesen Tagen ein journalistischer Nichtschwimmer und Fußball-Fachmann zur ARD und soll am Beckenrand einen anerkannten Schwimm-Experten ersetzen. Das sind Signale, die innen verstanden werden. Die Personalie Jauch ist auch ein Zeichen, dass Kreativität und Erfolg vor allem von denen erwartet wird, die bei den Privaten waren. Als Nachfolger von Christiansen wurde lange Zeit der WDR-Moderator Frank Plasberg gehandelt, dessen Sendung im Dritten, Hart aber fair, mit journalistischem Ansatz herausragende Quoten schafft. Am Ende reichte es selbst für ihn nicht. Noch ein paar solcher Siege, dann ist die ARD unschlagbar - und erledigt.

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