Mysterium Florian Silbereisen:Die Zukunft der Generation Kukident

Wer ist Florian Silbereisen? Eine Flori-Horror-Bilder-Show. Von Christian Kortmann (Text) und Patrizia Odyniec (Bildauswahl)

10 Bilder

florian silbereisen

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Los geht's: Florian Silbereisen, geboren am 4. August 1981 im bayerischen Tiefenbach. Hier ein Foto des 18-Jährigen, noch sieht er aus wie ein Zillertaler Schürzenjäger, doch bald muss die Mähne fallen. Denn sein Zielpublikum akzeptiert neben akkuraten Kommissschnitten nur halblange, aufgefluffte Hansi-Hintersser-Schlagerfuzzi-Matten. Das Akkordeon, genauer: die steirische Harmonika, spielt Silbereisen seit Kinderjahren. So brachte er es schon im Alter von 10 in Karl Moiks reaktionäre ARD-Krawallshow "Musikantenstadl". Nachträglich nochmal herzlichen Glückwunsch: Kinderarbeit lohnt sich doch.

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Florian Silbereisen und die Geschwister Anita (l.) und Alexandra Hofmann. Austin Powers würde bei so einer Gelegenheit sofort seine Dinge-die-ich-im-Leben-unbedingt-noch-tun-muss-Liste zücken und ablesen: "Dreier mit Volksmusikschwestern". Lolito Silbereisen schwärmt aber eher für ältere Semester, am liebsten schäkert er vor den Kameras mit Mireille Mathieu (60). Ja, einfach rührend, der Spatz von Avignon kommt ab und zu in Silbereisens Sendung geflattert und besucht den schrägen Vogel, der am liebsten bedruckte Anzüge trägt .

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Wann wird's mal endlich wieder richtig Winter? Nein, zum Schneemangel kann er nichts, der Florian. Wir wollen Silbereisen ja auch gar nicht dämonisieren, sondern nur verstehen, was ihn umtreibt. Mit dumpfem Dauergrinsen fordert er gute Laune ein, aber wir granteln, nörgeln und bleiben griesgrämig, es will uns einfach nicht entzücken. Im Gegenteil: Vom "Frühlingsfest der Volksmusik" bekommen wir Frühjahrs- und vom "Herbstfest der Volksmusik" Herbstdepressionen...

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...denn alles, was Florian Silbereisen tut, erscheint so wahnsinnig falsch und aufgesetzt, dass es weht tut. "Phony" ist das Wort, das J.D. Salinger in seinen Glass-Wunderkinder-Geschichten für die verachtenswerten Verstellungen der Erwachsenenwelt benutzt. Silbereisen ist phony und kindlich zugleich, ein Fake-Erwachsener. Ob wenigstens der Nonnenchor die audiovisuellen Potemkinschen Dörfer durchschaut?

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Was ist der Mensch? Was soll ich tun? Wohin gehe ich? Zweifelt Silbereisen an seinem Tun oder ist er stets von sich überzeugt? Manche meinen ja, man müsste ihm das irre viele Geld, das er verdient, gar nicht bezahlen. Er wäre auch ohne Honorar begeistert bei der Sache: Volksmusik, das ist einfach seine ökologische Nische. Wir können den Fragezeichen-Würfel in diesem Fall nur in die Runde reichen: Von welcher Seite aus man auch auf Silbereisen blickt, vieles bleibt schleierhaft. Besonders besorgt uns diese eine Frage: Wie viele von der Silbereisen-Sorte gibt es in der Generation der 20- bis 35-Jährigen? Sind wir von den Stadl-Aliens schon komplett unterwandert?

Sein "Adventsfest der Volksmusik" widmete Silbereisen kürzlich dem im Sommer gestorbenen Entertainer Rudi Carrell. Es gab eine Neuauflage der Carrell-Show "Am laufenden Band". Das war noch schlimmer als es sich anhört. Im Gästebuch einer Silbereisen-Fan-Homepage heißt es: "'Am laufenden Band' war wirklich einmalig, da hat wirklich alles gestimmt. Die Kritiker sind wirklich nur neidisch, Rudi wäre sicher stolz auf dich!" Hm, ist Silbereisen nur eine Mischung aus Moik und Carrell oder der Gottschalk des Methusalem-Komplotts?

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Die Generation Praktikum zu Gast in der Generation Kukident: Aus bunten Abenden, wie sie Zivis im Altersheim organisieren, wurde öffentlich-rechtliches Entertainment: Silbereisen, inmitten seiner Peer-Group, rockt die Magbeburger Bördelandhalle. Gegen Unterhaltung für alte Menschen ist prinzipiell nichts einzuwenden, wohl aber dagegen, dass man ihnen ein Bild der Jugend vermittelt, das so brav und züchtig ist, wie es kein Jugendlicher jemals war oder sein wird. Im Volkstum haben Reste einer Blut-und-Boden-Kultur überlebt, die zu recht depraviert ist. Hier aber wird sie noch gepflegt, wie in einem Reservat, das reaktionäre Strömungen auffängt und folgenlos entsorgt.

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Ist Florian Silbereisen ein Symptom für die viel beschworene neue Bürgerlichkeit? Wenn heute Menschen zwischen 20 und 40 heiraten, treten sie damit fast immer in die Spießer-Tradition ihrer Eltern ein: Die Festlichkeiten und die Kleidung folgen ästhetischen Regeln, die mit ihrer Jugend und ihrem Vorleben nichts zu tun haben, sondern das Ritual des Heiratens ungebrochen übernehmen: Auch manch Atheist unterwirft sich plötzlich freudig dem kirchlichen Segen. Hier präsentiert Silbereisen beim "Hochzeitsfest der Volksmusik" eine dreistöckige Torte, die weniger als Symbol denn als konkreter Gegenstand fürchterliche Beweiskraft hat: Junge Volksmusikfreunde paaren sich, pflanzen sich fort und ziehen neue Volksmusikfreunde heran. Wir müssen uns also...

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...an die fortdauernde Proliferation der Stimmungsraketen gewöhnen. Sie können uns jederzeit treffen, an jedem Ort: Beim Winter- oder Frühlingsfest oder wie hier - zusammen mit der ungeheuer relaxten Eiskunstlauftrainerin Jutta Müller - auf dem Eis. Auch wenn wir 100 Jahre alt werden, wird irgendwo ein junger Mensch in einem volkstümlichen Schlager die Schönheit der Heimat besingen. Und wenn wir Pech haben, klatschen wir dann mit.

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Privat läuft's momentan nicht ganz rund beim König der Herzen: Der 25-Jährige und seine Freundin Michaela Strobl (22) trennten sich nach drei Jahren Beziehung, wie die "Bild"-Zeitung berichtete. "Wir haben uns immer noch lieb, aber wir konnten es einfach nicht mehr ertragen, wie ein Ehepaar zusammenzuleben - auch wenn die heile Volksmusikszene das gern gesehen hätte", sagte Silbereisen dem Blatt: "Dafür sind wir einfach noch zu jung." Ja, was denn nun? Wandelt sich Silbereisen vom Vorzeige-Schwiegersohn zum Groupie verschleißenden Priapismus-Monster? Ist das die Wahrheit über Florian S.? Dunkler Dezembernebel liegt über den bayerischen Bergen, ein blonder Engel mit schwarzem Cape lehnt die Leiter an ein lüftlmalerisch verziertes Fenster im dritten Stock und klettert empor. Drinnen zittert eine Jungfrau im Daunenbett, nicht vor Kälte, nein, vor Furcht, ach was, nacktem Entsetzen: Sie spürt schon den eisigen Hauch des Stadls. Das Fenster öffnet sich knarrend, der blonde Engel wendet sich jetzt zum Betrachter. Nun erblicken wir sein Gesicht...

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...aarrgh! Vom Bannstrahl des Vampirblicks gelähmt, bleibt uns jeder Kommentar im Halse stecken. Zur Beruhigung müssen wir erstmal die "Bunte" zitieren, die wiederum "Rudi Carrells ehemaligen Mitstreiter Heinz Eckner" zu Silbereisens Coverversion von "Am laufenden Band" zitiert: "Rudi Carrell hätte sich im Grab umgedreht." Ha, darüber kann Florian Silbereisen nur lachen - schließlich weiß er es besser: Denn in der Gruft, die er seit Urzeiten bewohnt, ist Rudi Carrell nur Untermieter.

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