Musiktheater:Oper trifft Jugendstil trifft Schwimmbad

Figo Biennale

Die Kurzgeschichte "Für immer ganz oben" von David Foster Wallace dient als Vorbild für das Libretto.

(Foto: Münchner Volkstheater)

Regisseur Abdullah Karaca hat sich "Für immer ganz oben" von David Foster Wallace vorgenommen - und inszeniert die Uraufführung im Müller'schen Volksbad.

Von Rita Argauer

Wenn man in einem Theaterstück eine Handlung erzählen möchte, die etwa in einem Schwimmbad spielt, wird dieser Ort in der Regel auf der Bühne eines Theaters nachgebaut. Dafür gibt es den Beruf den Bühnenbildners. Schon alleine deshalb ist das Stück "Für immer ganz oben", das nun in der Regie von Abdullah Karaca in Kooperation des Volkstheaters mit der Münchener Biennale Premiere hat, ungewöhnlich.

Karaca hatte sich zusammen mit der Komponistin Brigitta Muntendorf David Foster Wallaces Kurzgeschichte "Für immer ganz oben" angenommen. Handlungsort der Geschichte ist ein Freibad. Gespielt wird die Uraufführung dieses neuen Musiktheaters im Müllerschen Volksbad, genauer in der kleinen Schwimmhalle.

Hier wurde kein Ort nachgebaut - hier wurde das Theater an den Ort der Handlung verlegt. Daniel Ott, künstlerischer Leiter der Biennale nennt das Volksbad in einer Einführung sogar den Hauptprotagonisten dieser Produktion. Das geht Regisseur Karaca jedoch ein wenig zu weit. Sein Protagonist bleibt der 13-jährige Junge, der auch in Wallaces Vorlage im Mittelpunkt steht. An einem Sommertag im Freibad ist der auf dem Weg zum Sprungturm - eine alltägliche Situation, aus der sich die Metapher um Initiation und den Übergang von der Kindheit zur Adoleszenz entspinnt.

Dennoch ist die kleine Schwimmhalle als Spielort für den Theaterregisseur Karaca spannend: "Der Ort ist ein Spielpartner", sagt er, allein die Akustik des Bads sei mit einem achtsekündigen Nachhall so ungewöhnlich, dass das bei den Künstlern in ihrem Spiel mitschwinge. Ganz zu schweigen vom Realitätseinschlag, den das Schwimmbad dem Stück gibt: der Chlorgeruch, das Wasserplätschern, die hohe Luftfeuchtigkeit.

Nicht nur die Schauspieler, auch das Publikum teilt mit dem Betreten des Spielortes die reale Erfahrung eines Schwimmbads. Gespielt wird am Beckenrand und natürlich im Wasser. "Sie müssen nass werden", sagt Karaca, eine solche Gelegenheit lässt man als Regisseur nicht aus. Das Publikum sitzt dabei in U-Form oben auf der Balustrade und blickt auf das Geschehen hinab.

Im Volksbad wurden schon öfter Opern gespielt

Für Karaca ist dies das erste Mal, dass er Musiktheater inszeniert. Für das Volksbad hingegen ist es überhaupt nicht neu, dass darin Opern gespielt werden. Regisseur Andreas Wiedermann hatte dort 2013 mit dem Ensemble "Opera Incognita" Benjamin Brittens "The Turn of the Screw" und zuvor schon "Idomeneo" inszeniert. "Davon habe ich gehört", sagt Karaca, gesehen habe er die Produktionen allerdings nicht.

Beides waren klassische Opern, heruntergebrochen auf eine Kammerbesetzung, aber dennoch herkömmlich umgesetzt. Ganz streng von Oper kann man bei der kommenden Premiere nun gar nicht sprechen - in dem gut 50-minütigen Stück wird es zur Musik auch Schauspiel geben. Die Hauptperson, der 13-Jährige Junge, wird sowohl von einem Schauspieler als auch vom Münchner Knabenchor verkörpert. Und die Musik wird nicht von einem Orchester, sondern von einer bandartigen Formation aus Klavier/ Synthesizer, E-Gitarre, Cello und Schlagwerk gespielt.

Das Libretto hat Karaca gemeinsam mit der Komponistin geschrieben. Seit etwa einem Jahr arbeiten die beiden zusammen - sie waren sich für diese Produktion vorgestellt worden, vorher kannten sie sich nicht. Doch Karaca ist ziemlich begeistert vom Musiktheater und der Zusammenarbeit, er will auf jeden Fall ein weiteres Projekt in diesem Team machen.

Trotz der großen theatralen Versuchung gibt es mit dem Opernspiel im Schwimmbad aber auch Schwierigkeiten. Obwohl sich Karaca "zum Glück" nicht selbst um die technische Umsetzung, etwa die Vereinbarkeit von Wasser und Strom, kümmern muss, sei das hier ein ganz anderes Arbeiten: So könnte etwa nur abends geprobt werden, weil tagsüber im Bad regulär geschwommen wird. Und die Zuschauerzahl ist begrenzt auf 120 Menschen. "Da ist es besonders schade, dass wir nur fünf Vorstellungen haben", sagt er, "man steckt da so viel rein, da will man natürlich auch, dass es möglichst viele mitbekommen". Aber er hofft auf eine Wiederaufnahme. Denn: "Schwimmbäder gibt es ja genug."

Für immer ganz oben, Mittwoch, 1. Juni bis Sonntag, 5. Juni, 20.30 Uhr, Müllersches Volksbad, Rosenheimer Str. 1, 21 83 73 00

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