Musikprojekt:Jeder darf, jeder kann

Musikprojekt: Rhythmusgeber: der Münchner Musiker Wolfi Schlick.

Rhythmusgeber: der Münchner Musiker Wolfi Schlick.

(Foto: Express Brass Band)

Community Music trifft auf die Philharmoniker

Von Egbert Tholl

Ein bisschen schaut es hier aus wie in einer Schaltzentrale des Kalten Kriegs. Einer längst vergessenen freilich. Ein Monitor guckt noch aus der Wand heraus, daneben hängt ein Telefon, seltsame, inzwischen tote Lämpchen und eine Karte Münchens, die so wirkt, als könnte man dort irgendwelche Truppenbewegungen eintragen, künden von geheimnislos gewordenen militärischen Geheimnissen. War ja auch mal eine Kaserne; jetzt liegt aber rechts davon das Schwere Reiter, links befinden sich die Import-Export-Kantine und das Imal, gegenüber vom Eingang sind Flüchtlinge untergebracht. Der Ort selbst heißt Mucca, "Munich Center of Community Arts", und drinnen bringen gestandene Musiker wie Wolfgang Berg, Bratscher und Vorstand bei den Münchner Philharmonikern, und Wolfi Schlick, der liebste Wunderinstrumentalist Münchens und Antreiber der Express Brass Band, Menschen, die davor noch gar nicht wussten, dass sie das könnten, Musikmachen bei.

Die offenbar - so genau kriegt man es nicht heraus, weil beim Community-Gedanken Hierarchien keinerlei Rolle spielen - treibende Kraft hinter dem, was im Mucca derzeit passiert, ist Alicia Banffy-Hall. Bei ihr kann man sich übrigens auch melden, wenn man hier mitmachen will, Telefon: 0179-706 40 49. Banffy-Hall hat "Community Music" studiert, hat dann darin zehn Jahre in Liverpool gearbeitet, zu einer Zeit, als die Labour-Partei Kultur als Mittel des gesellschaftlichen Wandels förderte.

Vielleicht verändert "Community Music" nicht gleich die ganze Gesellschaft, Teile davon aber sicher. Der Gedanke dahinter ist eigentlich simpel: Jeder kann Musik machen, die einzige Hemmschwelle dazu ist der eigene Mut, man trifft sich, kommt zusammen, und macht Musik frei von Dogmen und Besserwisserei. In Deutschland ist Musik für viele aufgehoben in den Institutionen, aber gerade die machen nun mit, in Form der Münchner Philharmoniker, die als Teil einer Aktionsgruppe mit teils auch Beteiligung politischer Gremien die wunderbare Musizier-Idee mit ins Leben zu rufen halfen. So traf Wolfgang Berg auf den schon lange in der Aktionsgruppe tätigen Wolfi Schlick, kamen Musiker wie etwa Marja Burchard hinzu, worauf man nun im Mucca jeden Montag erleben kann, wie junge Flüchtlinge Lieder aus ihrer Heimat singen, Berg die mit einem Bach-Choral verknüpft und Schlick das Ganze rhythmisch völlig woanders hinführt.

Ziel der Proben ist zunächst das Philharmoniker-Festival, dort spielen sie dann am 14. November. Doch es soll weiter gehen. Mit einem Kongress vom 12. bis 14. November, mit dem Versuch, die Flüchtlinge, aber auch alte , junge, jeden Menschen einzubinden: Berg: "Es wäre super, wenn die Flüchtlinge länger blieben und nicht gleich weitergeschickt würden. Sie sehen ja, was da miteinander, durch alle Schichten, entsteht." Ja, man hört es!

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: