Musikkabarett:Linzer Wundertüte

Blonder Engel

Er verleiht dem Humor Flügel: der Blonde Engel aus Linz.

(Foto: Marco Prenninger)

Zwischen Rokoko und Elvis - der Blonde Engel mit einem hinreißenden Abend in der Lach- und Schießgesellschaft

Von Oliver Hochkeppel

Atze Schröder ist nicht der einzige Kleinkünstler, der seinen Klarnamen vor der Öffentlichkeit verbirgt und Beruf und Privatleben scharf voneinander abgrenzt. Aus Linz kommt ein junger Musikkabarettist, der sich einfach nur "Der blonde Engel" nennt und auch sonst Privates höchstens indirekt über die Themen seiner Songs preisgibt. Abgesehen von viel nackter Haut, tritt er doch gerne mit entblößtem Oberkörper samt angeschnallten Engelsflügeln auf. Das machte er diesmal in der Lach- und Schießgesellschaft aber erst in der Zugabe. Vorher trug er ein güldenes Rüschenhemd zwischen Rokoko und Elvis, dem besonderen Anlass entsprechend, nämlich der Premiere seines "Opus Magnum", wie der 29-jährige Österreicher das Jubiläumsprogramm zu zehn Jahren auf der Bühne genannt hat. Wobei der Programmname bei ihm ebenso wenig Bedeutung hat wie beim - von ihm sehr bewunderten - Helge Schneider. Auch der Blonde Engel spielt keine zwei Abende gleich, er plaudert mit dem Publikum, baut die Stücke dabei nach Gusto ein, erfindet auch einfach mal welche und improvisiert überhaupt gerne und viel.

Das funktioniert deshalb so hinreißend gut, weil der Blonde Engel auf eine ganze Fülle von Talenten zurückgreifen kann. Zum einen spielt er richtig gut Gitarre, hat eine tragende Gesangsstimme und kennt sich querbeet vom Schlager über den Rock bis zum Jazz aus. Zum anderen ist er ein Meister des geschliffenen Wortes, der gewagt reimen, parodistisch mit der Sprache spielen und semantisch brillant assoziieren kann - bei Bedarf auch noch in irrwitzigem Tempo. Und obendrein steckt hinter dem Namenlosen auch noch ein echtes Gscheidhaferl, das aus Steckenpferden wie griechischer Mythologie ("Im Olymp gibt's Rock'n'Roll") ebenso viel humoristisches Kapital schlagen kann wie aus dem Musikeralltag ("A romantisches Liad").

Eine richtige Wundertüte ist er also, dieser blonde Engel. So einer darf sich dann auch mal als Hauptfigur in die gesamte Menschheitsgeschichte schreiben. "Der Rest ist Geschichte" nennt sich der atemberaubend lange, flotte und witzige Song. Zu dem gibt es übrigens auf Youtube ein famoses Video, in dem der Blonde Engel den ganzen Plot im Zeitraffer mitzeichnet. Da kann man erfahren, dass der Kerl auch als Zeichner mindestens so gut ist wie Otto oder Udo Lindenberg. Wenn man schon nicht seinen Namen kennt. Denn der "Hesekiel Agamemnon Angel", als der er sich offenbart, ist natürlich nur einleitender Schmäh für einen Song über dämliche Vornamen quer durch die Jahrzehnte. Mit einem Schiller-Wort als Refrain: "Ein hohes Kleinod ist der gute Name." Und sei er engelsgleich.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: