Musikfestival:Jammen statt jammern

Musikfestival: Kopf hoch, selbstbewusst auftreten: Was die Sängerin Ilgen-Nur vorlebt, gilt auch für die zuletzt enttäuschten Mitarbeiter von M 94,5.

Kopf hoch, selbstbewusst auftreten: Was die Sängerin Ilgen-Nur vorlebt, gilt auch für die zuletzt enttäuschten Mitarbeiter von M 94,5.

(Foto: Feierwerk)

Am 1. September verliert der Sender M 94,5 seine UKW-Frequenz. Mit spannenden Konzerten feiern die Münchner Radiomacher nun ihre Zukunft - unter dem wegweisenden Motto "Digital ist besser".

Von Cindy Riechau

Ob das für jeden ein Grund zum Feiern ist? Aus Anlass der Umstellung auf den digitalen Empfang DAB+ zelebriert der Radiosender M 94,5 an diesem Donnerstag und Freitag das Festival "Digital ist besser". Der Titel ist eigentlich ein Song aus alten Tagen der Band Tocotronic - nun aber auch Werbung für den neuen Radioempfang. Der UKW-Ausstieg heißt für viele Verbraucher zunächst aber erst mal eines: sich ein neues, DAB+ taugliches Radiogerät kaufen zu müssen. Gerade einmal 13,8 Prozent der Deutschen besitzen derzeit ein Digitalradio. Während die meisten Sender deshalb noch kein festes Datum für das Ende des analogen Empfangs nennen mögen, ist das "Aus- und Fortbildungsradio in München" weniger zögerlich: Von 1. September an kann man den Sender nur noch digital empfangen.

Für diejenigen, die in der Umstellung auf DAB+ keinen Grund zum Feiern sehen, kann möglicherweise ein Blick auf die Besetzung des "Digital ist besser"-Festivals in Partylaune versetzen. Einer der Hauptakteure ist die Band Die höchste Eisenbahn. Ihre Musik ist sanft, manchmal melancholisch und hinterlässt stets ein wohliges Gefühl im Ohr des Hörers. Die deutschsprachigen Pop-Lieder dürften all jenen gefallen, die die Texte von Von Wegen Lisbeth und AnnenMayKantereit zu simpel finden. Denn das Duo aus Berlin erzählt mit jedem Song eine eigene Kurzgeschichte; dazu singt Francesco Wilking, der auch Sänger der Band Tele ist mit nasaler Stimme oder Moritz Krämer mit seinem eher brüchigem Gesang.

Die Texte stehen auch bei L.A. Salami im Mittelpunkt. "Meine Stärke sind Worte", betont der Blues-Musiker, der deshalb auch auf eine reduzierte Instrumentation setzt. Als Inspiration für seine Songs dient dem Londoner vor allem das Leben in der Stadt mit ihren Geräuschen, Lichtern und Emotionen. Beeinflusst vom Sound der Sechziger- und Siebzigerjahre verortet der Singer-Songwriter seine Musik trotzdem im Hier und Heute. Seine vielseitigen Lieder, irgendwo zwischen Hip-Hop, Rock und Blues angesiedelt, singt L.A. Salami mit kehliger Soulstimme.

Am Abend ist dann außerdem noch Tiger Tiger aus München zu hören. Die Sängerin von Soki Green schlägt bei ihrem Soloprojekt wie gewohnt sanfte, aber sehr viel elektronischere Töne an, die ihre helle und klare Stimme in meditative Sphären tragen.

Am Freitag präsentieren dann Carpet ihren reichhaltigen Sound, dessen Gitarrenwände sich gerne mal mit experimentellen Klängen und einem stets ein bisschen distanzierten Gesang mischen. Die Musiker aus München und Augsburg erschaffen so faszinierende, träumerische Klangwelten, die die Besucher von "Digital ist Besser" leicht in ihren Bann ziehen dürften. Trotz ihres Bandnamens - wirklich wütend klingen Aggressive Swans nicht: Die Münchner und ihr synthielastiger Sound, der sich am Pop und Elektro der Achtzigerjahre orientiert, sind ebenfalls am Freitag zu hören und zu sehen.

Höhepunkt am letzten Tag des Festivals ist Drangsal. Hinter diesem Künstlernamen verbirgt sich der 23-jährige Max Gruber. Sein eingängiger New-Wave-Song "Allan align" sorgte im vergangenen Jahr nicht nur deshalb für Aufmerksamkeit, weil er im dazugehörigen Video Jenny Elvers küsst. Wer nach dem Konzert des von Joy Division und Depeche Mode inspirierten Musikers immer noch keine Lust auf den neuen digitalen Empfang des Senders hat, kann sich im Anschluss auf der Aftershow-Party von "Digital ist besser" überzeugen lassen - oder M 94,5 einfach auch weiterhin lauschen, wie es ohnehin die meisten der jungen Hörer tun: per Live-Stream im Internet.

Digital ist besser Festival, Donnerstag, 20. Juli, 20 Uhr, u. a. Die höchste Eisenbahn und L.A. Salami, Freitag, 21. Juli, 17 Uhr, u. a. Drangsal, White Wine und Carpet, Feierwerk, Hansastraße 39-41

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