Musikfestival:Der neue Beat der Heimat

Das Mini-Festival "Alps, Brass & Jazz" in Burghausen zeigt die aktuellen Entwicklungen der Musik im Alpenraum. Ein Höhepunkt ist der Auftritt von Erika Stucky

Von Oliver Hochkeppel

Die Musiktradition des Alpenraums wurde in den vergangenen Jahren von allen möglichen Genres ent- beziehungsweise wiederentdeckt, von der Klassik über den Pop bis zum Jazz. Viele Inselphänomene wie Oberton- oder Jodel- Gesang, romanische Sprachelemente oder Instrumente wie Alphorn oder Hackbrett wurden in neue Zusammenhänge gestellt, ebenso wie die besondere Rhythmik (man denke an den Zwiefachen) und die große Blechblas-Affinität. So sind entsprechende Projekte und Festivals - Stichwort "Heimatsound" - im Schwange, und auch die IG Jazz Burghausen, Veranstalter der Jazzwoche, dem ältesten und renommiertesten Jazzfestival Bayerns, mochte da nicht zurückstehen.

Gerne wird improvisiert, fast immer groovt es

Zum zweiten Mal steht deshalb ein "Alps, Brass & Jazz Weekend" im Burghauser Kulturkalender, diesmal ausgerichtet im Anker Filmtheater. Beim erfolgreichen Start im vergangenen Jahr trafen unter anderen erstmals die beiden herausragenden Schweizer Vokalartisten Christian Zehnder und Andreas Schaerer aufeinander, der dritte berühmte Jazzgesangs-Export folgt nun heuer: die nicht zuletzt seit dem Gewinn des BMW-Welt-Jazz-Awards 2016 bei uns gut bekannte Erika Stucky. Für die einen ist es verstörend, die andern vergöttern, was die zwischen allen Stilen wirkende, zwischen San Francisco und der Schweiz aufgewachsene Stimmakrobatin, Akkordeonistin, Schauspielerin und Entertainerin macht. Jodeln, Humor und Sinn für anarchische Elemente gehören immer irgendwie dazu, ob bei ihrem langjährigen Trio Bubble & Bones mit Ray Anderson und Art Baron, bei Roots of Communication, einem Jimi-Hendrix-Projekt, oder wenn sie eigene Filme vertont. In Burghausen trifft sie nun auf die fast schon musikkabarettistische österreichische Brassband Da Blechhauf'n, mit der sie auch schon als Wally & die 7 Geier unterwegs war. Im Vorprogramm wärmt das Trio Blechbaragge aus dem Bregenzer Wald mit punkig-frechem Jazz an.

Erika Stucky Alpen Brass Jazz

Dieses Rotkäppchen fürchtet sich vor keinem Wolf: Bei Erika Stucky gehen Jodel, Akkordeon und ein gesunder Sinn für anarchische Momente äußerst erfolgreich zusammen.

(Foto: Alpen Brass Jazz)

Den zweiten Abend eröffnen wiadawö & Arnaud Nano Méthivier. Das Trio mit Violine, Akkordeon und Schlagzeug treibt seine Mühlviertler Wirtshausmusi mit großem Erfolg durch alle Stile. Zusammen mit dem französischen Akkordeonisten Arnaud Méthivier verspricht man in Burghausen einen "Waltz on Rave Highway". Ebenso energetisch geht es weiter. Mit Kompost 3 geht es mit einer der aktuell angesagtesten und erfolgreichsten österreichischen Bands ins Finale. Das Quartett mit dem Trompeter Martin Eberle, dem Keyboarder Benny Omerzell, dem Bassisten Manu Mayr und Schlagzeuger Lukas König setzt sich gekonnt zwischen alle Stühle, erfreut sich an Jazz, Funk oder Pop. Gerne wird improvisiert, fast immer groovt es. Die vier arbeiten auch mit Sängerinnen zusammen, aktuell mit der grandiosen Mira Lu Kovacs (Schmieds Puls), mit der man sich gerade zu einer Band mit dem sperrigen Namen 5K HD zusammengeschlossen hat.

Ein kleines, aber feines Mini-Festival erwartet einen also bei "Alps, Brass & Jazz", das aktuelle Entwicklungen mustergültig vorstellt und daher völlig zurecht vom Kulturfond Bayern mit 13 000 Euro gefördert wird.

2. Alps, Brass & Jazz Weekend, Fr. und Sa., 10. und 11. November, Anker Filmtheater Burghausen, 08 677/91 64 63 33

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