Musik:Terry Wey

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Ein junger Countertenor aus der Schweiz bezaubert mit Händel und Vivaldi, aber auch Benjamin Britten - und durch weichen, aber kraftvollen Stimmklang.

Von Helmut Mauró

Eine Entdeckung, die überfällig ist. Zumal man sich bei Countertenören immer beeilen muss mit dem großen Lob, denn die Falsett-strapazierten Stimmbänder halten manchmal nicht länger als die Kreuzbänder eines Tänzers. Wer seine Stimme in Bestform über das 40. Lebensjahr retten kann, gehört schon zu den wenigen Erwählten. Insofern hat der Schweizer Countertenor Terry Wey, der aus einer amerikanischen Musikerfamilie stammt, noch ein paar gute Jahre vor sich. In Fachkreisen kennt man ihn bereits als "Rinaldo" aus Georg Friedrich Händels gleichnamiger Barockoper oder als Ruggiero aus Antonio Vivaldis "Orlando Furioso" aus derselben Zeit.

Allerdings konnte man Wey auch in Benjamin Brittens "A Midsummer Night's Dream" erleben, einem Musiktheaterstück von 1960. So flexibel sind nicht alle Spitzen-Countertenöre, von denen es derzeit ja wieder einige gibt. Den wunderbaren Franco Fagioli zum Beispiel oder den begnadeten Valer Barna-Sabadus. Der hat mit Terry Wey das Stabat Mater von Giovanni Battista Pergolesi aufgenommen (bei Oehms), und er hat auch einen Gastauftritt auf Weys jüngster Aufnahme von stimmlich virtuosen und emotional erschütternden Barockarien ( Deutsche Harmonia Mundi). Das ist tatsächlich ein Feld, auf dem Countertenöre kaum zu schlagen sind. Sie erfüllen am ehesten die historische Vorgabe eines Kastraten, nämlich die Brillanz in der Höhe mit der profunden Stimmgewalt eines männlichen Gesangsapparates zu verbinden. Terry Wey lässt einen da manchmal vergessen, dass ein Kastrat das noch ungleich wirkungsvoller musikalisch in Szene setzen konnte. So sehr lässt man sich nicht nur von seinem weichen, aber kraftvollen obertonreich-runden Stimmklang einlullen. Aber auch von seiner textlich-inhaltlich fundierten Sprachgeste.

Und wenn es um Arien von Domenico Sarro oder von Händel geht, dann kommt hinzu, dass sie so meisterlich für diese Stimmlage komponiert sind, dass man den Eindruck hat, der Komponist suche auch noch den letzten Winkel ab nach Klangwirkung und Rundum-Manipulation des Hörers. Terry Wey ist ihm dabei ein kongenialer Verführer.

© SZ vom 04.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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