Am Anfang steht ein Glockenspiel und gespenstisches Flüstern.
Nicht wirklich fröhlich, eher angetan, die Stimmung noch tiefer auf tristes November-Wetter-Niveau sinken zu lassen. Das Stück heißt "Annihilation" (Vernichtung). Klar. Wie auch sonst?
Ein fröhliches Album war ja auch nicht zu erwarten gewesen, als A Perfect Circle beschlossen, mit eMOTIVe eine "Zusammenstellung von Songs über Krieg, Frieden, Liebe und Habsucht" auf den Markt zu bringen.
Mit der momentanen Entwicklung auf der politischen Bühne im Heimatland sind die fünf US-Musiker aber auch sowas von unzufrieden. Das ist nicht sonderlich verwunderlich. Dennoch finden die Mannen um Frontman Maynard James Keenan einen Weg, mehr als nur Protestnoten abzuliefern.
Es ging und geht dabei nicht allein darum, die Abneigung gegen den alten und neuen US-Präsidenten hinauszuposaunen. Der wird in "Counting Bodies Like Sheep To The Rhythm Of The War Drums" (einem Remix von "Pet", einem Stück vom Vorgängeralbum "Thirteenth Step") zumindest im Video mit dem nötigen Sarkasmus bedacht - doch damit scheint die direkte Rechnung mit Bush beglichen.
A Perfect Circle geht es vielmehr um das große Ganze, auch wenn die Kritik sich vordergründig auf den Mikrokosmos USA zu beziehen scheint.
"Verbrechen an der zivilen Welt, unrechtmäßiger Krieg gegen den Irak und die zunehmende Kontrolle der Massenmedien über das allgemeine Meinungsbild", veranlassten Keenan und seine Mitstreiter, ein exzentrisches Konzeptalbum mit Coverversionen altbekannter wie weniger geläufigen Protestsongs der Rockgeschichte einzuspielen.
Freundliche Unterstützung aus der Rockgeschichte
Freundliche Unterstützung erhalten sie dabei von Bands wie Led Zeppelin, Depeche Mode oder John Lennon, Marvin Gaye und Joni Mitchell. Deren Songs werden so kunstvoll arrangiert, dass es mitunter zur Herausforderung wird, das Original ohne Blick aufs Cover zu erkennen.
Elvis Costellos "(What's so funny 'bout) Peace, Love and Understanding" mutiert zur sphärischen Anklage und Konfrontation. Lennons "Imagine" ist weit entfernt von seiner ursprünglichen Ode an den Frieden und erscheint als eindringlicher und beklemmender Trauermarsch getragen von Streichern sowie düsterem Klavier.
Diese Instrument sticht auch in "When the Levee Breaks" (Led Zeppelin) heraus und verleiht dem Stück eine ebenso bedrückende wie beeindruckende Note, wie Maynards Stimme, die den meisten Songs auf eMOTIVe den letzten Schliff gibt (wenn nicht ausnahmsweise und zum ersten Mal in der Perfect-Circle-Geschichte Gitarrist Billy Howerdel ans Mikro darf).
Soweit die Arbeit an den Vorbildern: Auf eMOTIVe sind allerdings auch zwei eigene Stücke der Band eingebunden. Eben der Remix vom Gold-Album des Vorjahres und "Passive". Und gerade bei letzterem ist er wieder da, der unwiderstehliche, eindringliche Sound, der diese US-Truppe auszeichnet.
Und die Anklage an diejenigen, die sich mit der Situation arrangieren: "I'm sure of your ability to become my perfect enemy/ Wake up and face me/ Don't play dead cause maybe/ Someday I will walk away and say/ You disappoint me/ Maybe you're better off this way".
Passend zum Album ist nun auch die DVD aMOTION herausgekommen. Mit einer ganzen Reihe von Remixen bekannter APC-Songs, Videos (auchganz neue)und persönlichen Kommentaren der Gruppe.
A Perfect Circle, eMOTIVe (Virgin/EMI):
1. Annihilation 2. Imagine 3. Peace Love and Understanding 4. What's going on 5. Passive 6. Gimme Gimme Gimme 7. People are People 8. Freedom of Choice 9. Let's have a War 10. Counting Bodies Like Sheep to the Rhythm of the War Drums 11. When the Levee Breakes 12. Fiddle and the Drum