Musical:Sein eigener Herr

Phantom der Oper

Jochen Sautter (links) gibt mit wendigem Tenor den Grafen Raoul. Sein Konkurrent in der Liebe wird "Das Phantom der Oper". Doch die Sache geht gut aus - schließlich führt Sautter auch Regie.

(Foto: Susannah Vergau)

Jochen Sautter ist Schauspieler, Sänger, Librettist und Regisseur von zwei Musicals, die in München zu sehen sind

Von Barbara Hordych

Als Vermittler deutsch-französischer Kreativkultur versteht sich der Gräfelfinger Tänzer, Sänger, Regisseur und Produzent Jochen Sautter. Der mit 20 Jahren, nach seiner Tanzausbildung bei Iwanson in München, als Solist ans "Lido" nach Paris ging. Und nach einer Zwischenstation in New York, wo noch eine Ausbildung in Gesang und Schauspiel hinzukam, in der französischen Hauptstadt heimisch wurde. Das war vor 35 Jahren. Nun kehrt er als Regisseur von gleich zwei Musicals in die Philharmonie zurück.

Das eine ist die deutschsprachige Neuinszenierung von "Phantom der Oper", die er 2010 als "Alternativproduktion" zu Andrew Lloyd Webbers Musical mit der Bostoner Sopranistin und Echo-Klassik-Preisträgerin Deborah Sasson auf der Basis des Roman-Bestsellers von Gaston Leroux "Le Fantôme de l'Opéra" entwickelte. Am 10. Februar ist das Musical auf seiner Tournee durch Europa mit Sasson als Christine und Sautter als Graf Raoul in der Philharmonie zu Gast. "Auf die Idee kamen Deborah und ich, als wir in diesen Rollen in einer anderen "Phantom"-Version auftraten, allerdings nur mäßig zufrieden waren und feststellten: das können wir viel besser", sagt Sautter.

Zuvor, am Samstag, 6. Januar, ist mit "Der kleine Prinz" nach Antoine de Saint-Exupéry eine weitere Musicaladaption des Kreativteams in der Philharmonie zu sehen. Darin tritt Sautter zwar nicht selbst auf, doch er verfasste das Libretto zu der von Sasson komponierten Musik und führte Regie. Anders als in Frankreich kursiere Saint-Exupérys Text in Deutschland als Kinderbuch. Zu Unrecht, findet Sautter. "Figuren wie der Laternenanzünder, der Säufer, der Eitle und der König interpretiere ich als Personifizierungen von Seelenzuständen, die wir alle in uns tragen." Rose, Fuchs und Schlange seien in seiner Lesart Verkörperungen von Saint-Exupérys Visionen von Weiblichkeit: Die Rose symbolisiere das schöne, aber auch launenhafte Prinzip. Die Schlange stehe für das Verführerische und Gefährliche. Der Fuchs sei die reife und weise Begleiterin. Von ihm (oder besser ihr?) stammen auch die berühmten Worte: "Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar." Für alle drei Rollen habe er weibliche Künstler gewählt: "Die Darstellerinnen der Rose und der Schlange singen nicht nur, sondern sie tanzen gleichzeitig auf der Spitze oder hängen kopfüber vom Ast eines Baumes." Zentral für das Stück sei von Anfang an Moritz Bierbaum gewesen, der mit seinem hellen Sopran die Rolle des Prinzen gestalte.

Das Tournee-Musical entstand vor drei Jahren, als erste Eigenproduktion der Firma "3for1 Trinity Concerts", bei der Sautter gemeinsam mit Dieter Tings als Geschäftsführer fungiert. "In den vergangenen zwölf Jahren kamen immer mehr Aufträge und Showkonzeptionen, etwa für Air France, Cartier oder Disneyland Paris, auf mich zu", sagt Sautter. Von daher kenne er die Situation als Autor und Regisseur sehr gut, beim Produzenten um ein bestimmtes Kostüm oder einen besonderen Projektor "betteln" zu müssen. "Da ist es schon eine große Erleichterung, sein eigener Produzent zu sein und selber entscheiden zu können, wofür das Geld ausgegeben wird."

Eigentlich kommt Sautter aus einer "Autofamilie", sagt er und lacht. Sehe man mal von einem Großvater ab, der Opernsänger war. Der Vater war Ingenieur bei BMW, die Familie lebte in Gräfelfing. Trotzdem begeisterte er sich als Heranwachsender mehr für das Steppen als für Autos. Als er Tanzunterricht in Krailling nahm, kam der Zufall ins Spiel. "Mein Ballettlehrer Heinz Kiesel choreografierte auch für das Deutsche Fernsehballett und rief mich überraschend an: Ein Tänzer hatte sich den Arm gebrochen, und ich sollte einspringen in Wiesbaden, bei einem Auftritt in der Kulenkampff-Show ,Einer wird gewinnen'." Die Eltern gaben grünes Licht, auch wenn das bedeutete, dass der 17-Jährige im Jahr vor dem Abitur am Gräfelfinger Kurt-Huber-Gymnasium häufiger probenbedingt für ein, zwei Wochen ausfiel. Denn auf den ersten Einsatz folgten weitere.

Sautters Familie lebt noch heute in Bayern, die Schwester in Gauting, der Bruder am Ammersee, die Mutter in Gräfelfing. Wo sieht er selbst seine Heimat? "Bin ich in Deutschland, fühle ich mich extrem als Franzose, gehe nicht so ins Detail, habe eher das Ganze im Blick." Umgekehrt sagten aber seine Besucher, sobald sie seine Pariser Wohnung betreten: "Das sieht man sofort, dass hier ein Deutscher wohnt, es ist alles so sauber und aufgeräumt."

Der kleine Prinz, Samstag, 6. Januar, 18 Uhr, Das Phantom der Oper, Samstag, 10. Februar, 20 Uhr, Philharmonie

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