Musical:Liebe ist relativ

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Den einen reizt's, die andere graust's - Anziehung beruht nicht immer auf Gegenseitigkeit. (Foto: Georg Kleesattel/Deutsches Theater)

Masterclass im Deutschen Theater - Schüler von August Everdings Theaterakademie tasten sich mit zwei Produktionen an ihr zukünftiges Publikum heran

Von Judith Nikula

Singende Fledermäuse in "Tanz der Vampire", rasante Stunts in "Starlight Express" oder aber der magische Kampf von Gut gegen Böse in "Wicked" - das sind die naheliegenden Assoziationen, die der Begriff Musical hervorruft. Dass es auch weniger bekanntes, doch gleichermaßen sehenswertes Musiktheater gibt, beweist die Veranstaltungsreihe "Masterclass im Silbersaal" heuer bereits zum zweiten Mal. Die Kooperation zwischen der Theaterakademie August Everding und dem Deutschen Theater ist im vergangenen Jahr erfolgreich gestartet und will den Masterstudenten Auftritte vor einem neuen Publikum außerhalb der Akademie ermöglichen.

Insgesamt zwölf Studierende zeigen von Donnerstag, 2. Juni an im Silbersaal zwei Musicalproduktionen, die unterschiedlicher nicht ausfallen könnten: Zum Auftakt ist die Revue "I love you, you're perfect, now change" von Joe DiPietro zu sehen. Regie führt April Hailer, acht Studenten spielen die 54 Rollen des Stückes, das in kleinen Episoden von Irrungen und Wirrungen der Liebe erzählt. Da gibt es Trennungen, Hochzeiten oder das erste Date, bei dem der eine verzaubert ist von seiner Begleitung und sich am liebsten den ganzen Abend unterhalten würde, während die andere nur das Gesicht verzieht und ins Publikum singt: "Alles, bloß das nicht."

Für Carmen Bayer, Geschäftsführerin des Deutschen Theaters, legt das Stück die Liebe unter ein "Vergrößerungsglas". Es gebe Momente, in denen sich das Publikum wiederfinden könne - ob in Sketchen, in denen die Eltern die Sprache ihres Babys imitieren oder in der Geschichte vom Pärchen, das den romantischen Kinofilm besucht, den der Mann ganz und gar nicht ausstehen kann.

Während der Probe variiere man das Musical immer wieder. Es sei ein Experiment, das sich an den Fähigkeiten der Studenten orientiere, betont Marianne Larsen, Leiterin des Musical-Studiengangs an der Theaterakademie. So wie sich auch die zweite Produktion, die von Dienstag, 7. Juni, bis Donnerstag, 9. Juni, im Silbersaal aufgeführt wird, am Können der beteiligten Studenten orientiert. Unter dem Motto "Fraß macht warm und Geld macht sinnlich" inszeniert die Masterclass einen Abend mit Liedern und Gedichten von Bertolt Brecht, dessen Todestag sich heuer zum 60. Mal jährt. Regisseur Frieder Kranz, gleichzeitig auch Schauspieldozent an der Akademie, will Brecht aus seiner "ikonenhaften Stellung" befreien und zeigen, dass dessen Texte über die Liebe, das Geld und zwischenmenschliche Beziehungen kein "antiquierter Kulturschatz" seien, sondern auch nach Jahrzehnten nicht an Aktualität verloren hätten - so etwa die "Flüchtlingsgespräche" aus den vierziger Jahren. Musikalisch begleitet wird der Abend von Vertonungen von Kurt Weill, Hans Eisler und Paul Dessau. Und es kommt auch zur Uraufführung der für die Inszenierung geschriebenen Kompositionen von Christoph Weinhardt, dem musikalischen Leiter des Abends.

Beide Produktionen der diesjährigen Masterclass wollen innovative Musicals präsentieren, die nur selten ihren Weg auf die Bühne finden. Für Carmen Bayer ist der Silbersaal die perfekte Kulisse, schließlich sei der einzige aus dem Jahr 1896 noch erhaltene Raum des Theaters mit seinem prächtigen Deckengemälde schon Bühnenbild genug. Dies gelte insbesondere für die Inszenierung von "I love you", die ansonsten einen aufwendigen Umbau zwischen den einzelnen Szenen erfordert hätte. Für die Aufführung von DiPietros Stück erhofft sich Bayer einen "leichten, beschwipsten Abend", der gute Laune mache. Nur ein wenig ernster soll die zweite Inszenierung ausfallen. Denn Brechts Gedichte seien keineswegs "schwer und vergangen, sondern lustig und leicht", wie Frieder Kranz betont. Die Masterclass solle dem Zuschauer Freude bereiten, darin sind sich die Verantwortlichen einig. Im vergangenen Jahr zumindest sei dies mit den Aufführungen von "Into the Woods" und "Tell me on Sunday" bereits gelungen.

I love you, you're perfect, now change!, Do., 2. Juni bis Sa., 4. Juni, 20 Uhr, Deutsches Theater (Silbersaal) Brecht-Abend, Di., 7. Juni bis Do., 9. Juni, 20 Uhr, Deutsches Theater (Silbersaal)

© SZ vom 02.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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