Münchner Philharmoniker:Ruhm für viele

Waleri Gergijew

Trat erstmals 2001 mit den Philharmonikern auf, nun beginnt seine erste Saison: Valery Gergiev.

(Foto: Marc Müller/dpa)

Valery Gergiev kündigt "MPhil 360°" an

Von Rita Argauer

Die Musikstadt München wurde in vergangener Zeit schön durchgerüttelt. Nicht nur durch die Zick-Zack-Entscheidungen in der Konzertsaal-Debatte. Auch Valery Gergiev als designierter Chefdirigent der Münchner Philharmoniker löste bekanntermaßen einige Diskussionen um Kunst, Meinungsäußerung und politische Korrektheit aus. Und dazu schwebt über der Klassik-Szene seit Langem die Frage, wie es eigentlich um den Nachwuchs steht. Das ist auch Gergievs Hauptanliegen, wenn er nun in München das Programm für seine erste Saison mit den Philharmonikern vorstellt.

Schon im Vorfeld kündigte das Orchester ein besonderes Ereignis für die kommende Spielzeit an. Doch kühne Ideen wie ein Projekt zwischen der schwul-lesbischen Community und dem neuen Chefdirigenten, löst es noch nicht ein; auch, wenn das immer noch in Planung sei, wie Pressesprecher Christian Beuke erklärt, Konkretes dazu gebe man aber erst während der laufenden Saison bekannt. Doch das neue Projekt hat - wenn auch etwas indirekter - eine ähnliche Botschaft: Für den kommenden November ist unter dem Namen "MPhil 360°" ein dreitägiges Musikfestival geplant. Und "Musik für alle" als dazugehöriges Motto vereint Gergiev, der Musik abseits von Politik als Brückenbauer begreift, mit der Stadt, die ihren weltoffenen Ruf vertreten wissen möchte. Der allgemeine Anspruch inkludiert dabei Minderheiten genauso, wie den Nachwuchs, der Gergiev so wichtig ist.

Das Festival, das vom 13. bis zum 15. November stattfinden soll, ist entsprechend bunt. Mit einem ganztägigen Prokofjew-Marathon (Sonntag, 15. November), in dem all dessen Klavierkonzerte gegeben werden, wird Gergievs Faible, sich Komponisten in kompletten Zyklen zu widmen, auf traditionelle und schön Musik-fokussierte Art weitergeführt. Beim "Musikfest für alle", das über zwölf Stunden hinweg am Samstag davor stattfinden soll, werden dagegen neue Weisen mit klassischer Musik umzugehen präsentiert. Man hat etwa erneut Hauschka oder Andreas Martin Hofmeir geladen, dazu tritt Gergievs Mariinsky Stradivary Ensemble gemeinsam mit dem Kammerorchester der Philharmoniker auf, während sich der Musiker-Nachwuchs in Form des Odeon-Jugendorchesters und den Gewinnern des Tschaikowsky-Wettbewerbs zeigt. Unter dem Punkt "Community Music" wird dazu die Musik vom akademischen Thron gerissen, in dem Workshops jenseits von sozialen, kulturellen oder finanziellen Grenzen angeboten werden. Stattfinden werden diese im Kreativquartier an der Dachauer Straße - der Ort, der in der Diskussion um den Standort eines neuen Konzertsaals, auch schon scherzhaft vorgeschlagen worden war. Für das Orchester vielleicht mag das eine kleine Probe werden für die Zeit der Gasteig-Sanierung. Die betrifft aber Gergievs erste Saison (der Vertrag geht über fünf Jahre) noch nicht. Trotzdem beteuert auch er: München brauche natürlich einen zweiten Konzertsaal.

Das reguläre Konzertprogramm, das am 17. September mit Mahlers Zweiter eröffnet wird, ist hingegen weniger experimentell, und es setzt weniger auf große Namen - außer Gergievs eigenem, der zwölf Programme plus fünf Zusatzkonzerte dirigieren wird. Gergiev gehe es darum, junge Musiker nach München zu holen. Da solle man ihm vertrauen, denn immerhin habe er in den Achtzigerjahren Kissin und Vengerov völlig unbekannt nach London gebracht und deren Karrieren mitbegründet. Ruhm, den er auch ein wenig sich selbst zuschreibt. Doch die kleine Eitelkeit sei ihm gegönnt, denn trotz der langen, und für ihn wichtigen Tradition des Münchner Orchesters, bringt er damit Bewegung in die, eben ab und an auch versteinerte Klassik-Szene.

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