München/Bozen:Münchner Jazz in Brixener Kieswerk

Von Oliver Hochkeppel, München/Bozen

Das Finale war bombastisch: In ein futuristisches, wie eine Schlucht in die Erde gegrabenes Kieswerk nördlich von Brixen hatte Klaus Widmann, der künstlerische Leiter des Südtirol Jazzfestivals, vier Bühnen bauen lassen, samt Video-Projektionen, Trockeneis und Catering. Schade, dass nur eine überschaubare Publikumsschar zu den aufgebotenen fünf britischen Bands gefunden hatte. Aber es ist gerade diese mitunter fast befremdliche, dank Widmanns weitreichendem Netzwerk und seinem umtriebigen Einsammeln von Gönnern und Sponsoren erlangte Unabhängigkeit von Populismus und den üblichen finanziellen Nöten, die dieses Festival mehr und mehr zu einem der interessantesten und wichtigsten Europas macht. In diesem Jahr bot Widmann so viele Künstler, Konzerte und Spielorte auf wie noch nie.

Auf drei Säulen ruht dieser Erfolg: Einmal auf der programmatischen Bündelung, die Widmann seit einigen Jahren forciert; so gibt es seit zwei Jahren einen Länderschwerpunkt; nach Frankreich im vergangenen kam in diesem Jahr die britische Szene an die Reihe, zumeist junge Wilde aus dem Dunstkreis der dies kuratierenden Ruth Goller und Kit Downes. Dann auf Widmanns konsequenter Förderung der kreativsten jungen Europäer; Feuerköpfe wie Matthias Schriefl, Vincent Peirani, Kalle Kalima oder der in diesem Jahr mit einer "carte blanche" für den Eröffnungsabend ausgestattete Andreas Schaerer haben ihre Workshop- und Konzertplätze sicher.

Und schließlich ist da der enge Kontakt zu München. Mit der Jazzabteilung der Musikhochschule läuft seit Jahren eine Kooperation. Auch das Kulturreferat der Landeshauptstadt ist nun ganz offiziell dabei, was heuer die jungen Bands von Josef Reßle (Quinternion), Jakob Lakner (Frigloob), Jan Zehrfelds Panzerballett und das Christian Elsässer Jazz Orchestra nach Südtirol brachte. Drei Jahre lang schickte sogar der Bayerische Rundfunk einen Ü-Wagen, und die etwas schläfrige italienische RAI übernahm die Beiträge aus München. Vor einem Politikum ist Klaus Widmann sowieso noch nie zurückgeschreckt: So wird im nächsten Jahr der Länder-Schwerpunkt - passend zur Südtiroler Doppelstaatsbürgerschafts-Diskussion - "Österreich/Italien" lauten. Natürlich wieder ergänzt durch München.

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