München:Die Last der Bedeutung

München: Wartesaal-Atmosphäre - zu genießen in der Galerie der Künstler.

Wartesaal-Atmosphäre - zu genießen in der Galerie der Künstler.

(Foto: BBK)

"Omnibus nach Nirgendwo" - eine Ausstellung

Von Luise Schendel

"Omnibus nach Nirgendwo". Ein wenig erinnert der Ausstellungstitel an den Hit von Christian Anders "Es fährt ein Zug nach nirgendwo". Eine beinahe vergessene Hommage an das Leben, die Liebe und die Einsamkeit, deren emotionales Gusto besser denn je in die globalisierte Welt zu passen scheint. Doch dann findet sich der Besucher statt in einem Zug in einem Bus wieder, der gar nicht fahren muss, um direkt ins Nirgendwo zu führen. Ein Paradoxon? Keineswegs, sondern ein Kunstprojekt als Gemeinschaftarbeit von Fabian Ketisch, Marco Miehling, Michael Mieskes, Catalin Pislaru und Patrick Ostrowsky, die sich noch von ihrer gemeinsamen Studentenzeit an der Münchner Kunstakademie kennen.

Die zentrale Installation ist eine lange ovale Holzbank, die auf Betonklötzen aufgebracht ist. Vorbild dafür ist die Auswölbung des Bahnhofsgebäudes im italienischen Latina samt den dazugehörigen Plänen des Architekten Angiolo Mazzoni. Doch zum Sitzen ist sie nicht gedacht, sondern zum Umwandern. Eine Idee, übernommen von dem Schweizer Schriftsteller Ludwig Hohl. Der schrieb 1944: "Sie rennen mit entsetzlicher Eile zum Bahnhof und steigen in einen Güterzug. Und selten einmal einer schreitet ganz langsam und fährt mit dem Blitz." Es stellt sich unvermittelt die Frage, warum diese Installation mitten im Raum zum rastlosen Umherschweifen einladen soll. Die Antwort ist simpel: Weil genau dies die Intention der Ausstellung "Omnibus 3000" in der Münchner Galerie der Künstler ist.

An einen Bahnhof solle diese Ausstellung erinnern, erklärt der Kurator und Künstler Michael Mieskes, an einen Ort des Übergangs. Viel mehr als den Grundgedanken wolle er allerdings nicht vorgeben. Schließlich befülle jeder Besucher mit seinen Ideen den Raum. Ohne Vorgaben. Indes, dies mag nur eingeschränkt stimmen. Denn die Künstler platzierten weiße Gipspfosten mit Positiv- und Negativformen von Pinienzapfen als symbolische Klammern. Diese lassen dem Besucher nur zwei Möglichkeiten: Er kann die Ausstellung entweder links- oder rechtsherum erwandern. Ein an der Wand aufgebrachter Stab bildet eine Sonnenuhr aus, die jedoch niemals die richtige Zeit anzeigt. Durchsichtige Glasscheiben, in die ein paar Weggefährten der Künstler Ornamente gekratzt haben, weisen sowohl auf Zugfenster hin als auch auf die Anwesenheit anderer Menschen. Nur wenige Meter entfernt wurde ein Haufen Erde als Memento der Vergänglichkeit in die Ausstellungsräume gebracht. Es folgen beleuchtete Bilder, die an leere Reklametafeln an Bushaltestellen erinnern, eine massive Metalltür, die einen dahinter verborgenen Raum vortäuscht, und eine monumentale Installation aus Stahl und Massivholz, die in Anlehnung an einen Prellbock den letzten Raum der Ausstellung durchzieht.

Abschließend reflektiert ein kleiner, konvexer Spiegel die Räume und ermöglicht so eine Gesamtschau auf die nun optisch verbundenen Arbeiten. Aber die Exponate tragen allzu schwer an den gewichtigen Zitaten von Heidegger, Foucault und Ludwig Hohl, von Marcel Duchamp und Le Corbusier, und bleiben dem Betrachter den jeweiligen Bezug schuldig. Tatsächlich, dieser "Bus" fährt nirgendwo hin und soll es wohl auch nicht.

Omnibus nach Nirgendwo; Galerie der Künstler, Maximilianstraße 42, Mi, Fr bis So 11-18 Uhr, Do 11-20 Uhr; bis 26. Juni

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