Mode: Yohji Yamamoto in Antwerpen:Zieh' mich an, zieh' mich aus - mir macht´s nichts aus!

Der Edelschneider Yamamoto spricht nie von Mode, sondern von Kleidern. Seine Antwerpener Schau ist ein weiterer Beleg dafür, dass die Haute Couture längst in der Kunstwelt salonfähig geworden ist.

Ingrid Loschek

Zuerst, 2005 in Florenz, waren die "Kleider" - Yohji Yamamoto spricht nie von "Mode" - in die historischen Räume des Palazzo Pitti integriert. Sie wirkten in der Tat niemals nur modisch, sondern eher zeitlos. Im gleichen Jahr wurden sie im Musée de la Mode et du Textile im Pariser Louvre gezeigt. Nun begegnet dem Besucher im "MoMu", dem Modemuseum Antwerpen, das ungewöhnlichste Konzept von Yamamotos Ausstellungstrilogie. Das grellweiße Licht von an die 20 Leuchtstoffröhren hinter jedem der insgesamt 80 Kleider verwandelt diese in Silhouetten - Szenograf Masao Nihei setzt auf den gleißenden Lichteffekt, um Yamamotos Lieblingsfarbe Schwarz durch die verschatteten Umrisse noch zu unterstreichen.

Yamamoto Dream Shop Antwerpen Antwerp

Ein Traum - nicht nur für shopping addicts.

(Foto: Foto: Courtesy of Fondazione Pitti Immagine Discovery)

Die Antwerpener Schau ist ein weiterer Beleg dafür, dass die Haute Couture in der Kunstwelt längst salonfähig geworden ist. Yamamoto vermählt in seinen Entwürfen französische Eleganz mit japanischer Schlichtheit; berühmt wurde er dadurch, dass er vermeintliche körperliche Defizite in seinen Modellen noch unterstrich und eine Ästhetik des "faux vieux", des Abgenutzten, Verbrauchten kultivierte. Bryan Ferry, Juliette Binoche und Wim Wenders zählen zu seinen Kunden - letzterer setzte Yamamoto 1990 mit den "Aufzeichnungen zu Kleidern und Städten" ein Denkmal. "Dream Shop" lautet der Titel der Ausstellung - und tatsächlich: Die Objekte aus den Jahren 1995 bis 2006 sind nicht hinter Glas entrückt. Keinerlei Barriere hindert den Besucher daran, jeden Saum, jede Naht, Drapierung, Falte und Tasche genau zu studieren. Aber - und dies ist bei so erlesenen Stoffen in einem Museum noch nicht der Fall gewesen - auch Anfassen und Fühlen sind erlaubt. Man darf also die Versteifung im Inneren eines voluminösen Rocks ertasten oder die traditionellen japanischen Techniken wie Yûzen und Shibori durch die eigene Hand gleiten lassen - ein Traum nicht nur für shopping addicts.

Doch dann das: An einem roten Wollmantel der Herbst/Winterkollektion 1995/96 ein Anhänger, "Try me on". Und in der Tat: Kurze Zeit später trägt man vor einem Spiegel auf, was vormals nur Mannequins zur Schau stellten. Bei insgesamt 17 Modellen darf man derart auf Tuchfühlung gehen - einmal mehr ist Yamamotos Credo, "Rethinking boundaries", wörtlich zu nehmen. Nur das Fotografieren ist nicht erlaubt: Was bleibt, ist einzig die Erinnerung. Schade eigentlich.

Yohji Yamamoto, "Dream Shop". Modemuseum Antwerpen, bis 13. August.

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