Mit 88 zum Eurovision Song Contest:Refrain des Refrains

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Sie ist die erste Siegerin, die es beim Eurovision Song Contest jemals gab: Lys Assia gewann den Schlager-Wettbewerb 1956 mit dem Titel "Refrain" für die Schweiz, doch das reicht ihr nicht an Ruhm. Im kommenden Jahr will sie mit dann 88 Jahren als älteste Gewinnerin in die ESC-Geschichte eingehen.

Einmal im Jahr geht es ganz wild zu im Leben von Lys Assia. Dann klingeln Reporter bei ihr an und wollen wissen, wie das war, als sie am 24. Mai 1956 Refrain sang und erste Siegerin wurde beim damals noch Grand Prix Eurovision de la Chanson Européenne genannten Eurovision Song Contest (ESC).

"Da geh' ich jetzt durch." Der 88-jährigen Lys Assia scheint es nicht an Entschlossenheit zu mangeln. (Foto: dpa)

Brav erzählt die Schweizerin dann, wie sie in einem bodenlangen Kleid vors Mikrofon trat, wie ein fünfköpfiger Schubidu-Chor mit ihr im sanften Rhythmus der Melodie wiegte und ein weißjackiges Orchester für wohltemperierte Untermalung sorgte. Vielleicht erzählt Assia auch noch, dass sie damals gar nicht gesehen hat, dass hinter ihr die ganze Zeit ein stummer Junge in kurzen Hosen stand. Er hielt krampfhaft die Blumen fest, die der Sängerin nach ihrem Vortrag zugedacht waren.

Heutzutage wartet beim ESC kein kurzbehoster Jüngling mehr auf die Teilnehmer, und es gibt auch kein Orchester mehr. Der Trällerwettbewerb ist zu einer überlebensgroßen Demonstration dessen geworden, was gerade in der Showtechnik das Maß der rechten Künstlichkeit ist.

Trotzdem will es Lys Assia noch einmal wissen und dafür sorgen, dass nächstes Jahr ihr Leben noch ein bisschen wilder wird. Am Samstag tritt sie daher in Die große Entscheidungsshow von SF1 auf und kämpft gegen 13 andere Bewerber um das Schweizer Ticket nach Baku.

In der aserbaidschanischen Hauptstadt findet am 26. Mai 2012 das Finale des ESC statt. Lys Assia will erneut gewinnen und mit dann 88 Jahren als älteste Siegerin in die ESC-Geschichte eingehen. Es wäre ihre vierte Final-Teilnahme. Die Schweiz schickte sie 1957 erneut ins Rennen. Weil sie nur auf dem achten Rang landete, musste sie 1958 ein drittes Mal ran und wurde Zweite.

C'etait ma vie heißt ihr aktueller Titel. Geschrieben hat den erneuten Versuch der eurovisionsmusikalisch aus Deutschland quasi ausgewiesene Ralph Siegel, der ganz offensichtlich die Finalveranstaltungen der vergangenen Jahre mit Schlafmaske verfolgt hat und deshalb nun seinem Schützling allen Ernstes einen Platz unter den ersten Drei zutraut.

Vor den Erfolg haben die ESC-Regeln indes nicht nur das nationale Finale am Samstag gestellt. Siegt Lys Assia, muss sie sich, weil die Schweiz nicht zu den Hauptfinanziers des ESC gehört, noch in einem Halbfinale in Baku durchsetzen. "Da geh' ich jetzt durch", sagt sie. An Entschlossenheit scheint es ihr nicht zu mangeln.

© SZ vom 09.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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