Michael Douglas im Interview:Fast wie van Gogh

Ein Bart als Selbstbefreiung und Filme wie gute Mahlzeiten. Ein Gespräch mit Michael Douglas über seinen neuen Film "King of California" und den Wahnwitz des Kinos.

Interview: Anke Sterneborg

Nach längerer Pause präsentiert sich Michael Douglas in ungewohnter Gestalt, bärtig und ohne die Härte, die er zu seinem Markenzeichen gemacht hatte.

Michael Douglas im Interview: Charlie, mittellos und wunderlich, auf Schatzsuche im Supermarkt - "King of California".

Charlie, mittellos und wunderlich, auf Schatzsuche im Supermarkt - "King of California".

(Foto: Foto: ddp)

SZ: Es sieht so aus, als hätte "King of California" richtig Spaß gemacht...

Michael Douglas: Das stimmt. Und wenn man mal verrückt spielen darf, hat man ein sehr großes Spektrum. Die Arbeit mit diesen Gegensätzen, dieser Mix aus Komödie und Drama ist eine große Herausforderung, aber auch ein aufregendes Vergnügen. Neben reinen Komödien wie "Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten" gab es ja immer auch das, was ich "nervöses Lachen" nenne, in Filmen wie "Falling Down", in dem sich bei all der Brutalität der Krampf für Momente löst, ohne dass es zu einer echten Befreiung kommt. Die Komödie kommt bei uns in Amerika ohnehin immer zu kurz, obwohl sie natürlich sehr viel schwerer ist als das Drama. Aber im Kino einen Lacher zu kriegen, das gehört zu den schönsten, befriedigendsten Momenten.

SZ: Wie sehr können Sie sich mit diesem Mann identifizieren, der gegen alle Widerstände um seinen Traum kämpft?

Douglas: Nicht besonders. Aber es ist eine schöne Don-Quijote-Geschichte, und ich liebe den Mann von La Mancha. Als ich jünger war, habe ich mich sehr viel stärker mit meinen Filmen identifiziert, "Einer flog über das Kuckucksnest", den ich produziert habe, "China Syndrom", selbst der "Grüne Diamant", das waren alles Filme, an die niemand geglaubt hat. Ein großer Teil meiner Karriere besteht aus Filmen, die erfolgreich wurden, nachdem sie erst mal niemand machen wollte. Heute ist das anders - um mich aus dem Haus zu locken, muss schon ein sehr gutes Drehbuch kommen!

SZ: Sie stehen irgendwie zwischen den Zeiten, zwischen dem klassischen Hollywood Ihres Vaters, und dem hypermodernen Computer-Hollywood . . .

Douglas: Ich denke, das Problem liegt vor allem darin, dass Hollywood in den letzten zehn Jahren sehr viele talentierte Drehbuchautoren ans Fernsehen verloren hat, weil es finanziell lukrativer ist, und weil sich die Qualität im amerikanischen Fernsehen enorm verbessert hat.

SZ: Auch Sie haben Ihre Karriere ja im Fernsehen begonnen, mit "Die Straßen von San Francisco" - könnten Sie sich vorstellen, wie viele Ihrer Kollegen auf den Bildschirm zurückzukehren?

Douglas: Nein, ich habe nicht die Absicht, mich jemals wieder auf so ein intensives Arbeitspensum einzulassen. Meine Produktionsfirma entwickelt auch verschiedene Fernsehprojekte, in denen ich mich aber nur als Produzent und nicht als Schauspieler engagieren werde.

SZ: Sie haben damals auch mal bei einer Episode Regie geführt . . . würden Sie den Versuch wiederholen?

Douglas: Als Produzent meiner Filme hatte ich immer genug Einfluss, habe immer den Final Cut mit meinen Regisseuren gemacht. Also gab es da nie Frustrationen. Aber im Grunde bin ich wohl einfach ein bisschen faul - Regieführen braucht sehr viel Kraft und Zeit.

SZ: Der Bart, den Sie hier tragen, versteckt die markanten Douglas-Züge . . .

Douglas: Ich sehe es eher so, dass mich der Bart von mir selbst befreit, weil er mir erlaubt, theatralischer zu sein. Das macht mir mehr Spaß, als eine Rolle zu verinnerlichen. Seltsamerweise hat mich dieser Film stärker an meinen Vater erinnert als jeder andere zuvor, ganz konkret an "Lust for Life", wo er van Gogh spielt. Wir tragen beide einen Bart, und ich sehe ihm ganz ähnlich, die ganze Haltung.

SZ: Haben Sie bei den pathologischen Momenten im "King" aus den Erfahrungen von "Einer flog über das Kuckucksnest" geschöpft, den Sie produzierten?

Douglas: Sehr stark, wir haben damals viel Zeit mit den Patienten in einer psychiatrischen Klinik verbracht, und auch jetzt habe ich noch mal mit einigen Therapeuten gesprochen und Bücher gelesen. Es war eine Gratwanderung, einerseits muss das Publikum glauben, dass der Mann verrückt ist, andererseits darf es nicht so abgehoben sein, dass man sich nicht mehr mit ihm identifizieren kann.

SZ: Sie engagieren sich seit Jahren aktiv für die Reduktion nuklearer Waffen - kann das Kino da irgendwie mitwirken?

Douglas: Nein, ich denke nicht, aber Filme können Aufmerksamkeit erregen, das können Dokumentarfilme sein, aber auch Filme wie "Kuckucksnest" oder "China Syndrom". Filme sind wie eine gute Mahlzeit, an manche von ihnen erinnert man sich ein Leben lang.

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