Michael Caine zum 80. Geburstag:Ewiger "Alfie"

(FILE) Actor Michael Caine Turns 80

Arme-Leute-Verführer: Mit der Rolle des "Alfie" gelang Michael Caine 1966 der Durchbruch.  

(Foto: Getty Images)

Er kam aus armen Verhältnissen, doch um Sean Connery zu beeindrucken, brauchte er kein Geld. Sir Michael Caine erwarb sich schon in den sechziger Jahren die rotzige Sorglosigkeit, die ihn als "Alfie" berühmt machte und die er sich bis zum heutigen Tage bewahrt.

Von Susan Vahabzadeh

Zu den hervorstechendsten Eigenschaften von Sir Michael Caine gehört eine entwaffnende Ehrlichkeit. Andere europäische Schauspieler, die es nach Hollywood geschafft haben - Sir Michael hat immerhin zwei Oscars - tun gern so, als wären sie im großen Geschäft doch nur Zaungäste.

Er aber kann mit dem Name-Dropping, mit den "Ich kannte sie alle!"-Anekdoten gar nicht mehr aufhören - immer voller Stolz, dass er weit mehr erreicht hat, als er sich je hätte träumen lassen.

Seine zweite Autobiografie, "The Elephant to Hollywood", fängt mit einem Weihnachtsabend in Aspen an, gemeinsam mit einem texanischen Ölbaron, den Poitiers und den Connerys - vier Oscars, unter einem einzigen Tannenbaum! -, aber dann geht es doch ganz schnell zurück zu den Anfängen.

Zurück zum Elephant, so hieß das Londoner Viertel mit den Sozialwohnungen, in dem er aufgewachsen ist, für ihn das Sinnbild der Armut, aus der er kommt. Und weiter zu der Geschichte, wie er Sean Connery in den fünfziger Jahren kennengelernt hat. Party war angesagt, jeder sollte "a bottle and a bird" mitbringen, eine Flasche und ein Mädel: "Ich war so pleite, dass ich mir keine Flasche leisten konnte, also brachte ich zwei Mädels mit." Da war selbst Connery beeindruckt.

Die Geschichte könnte von "Alfie" sein, von jener Figur, die Michael Caine 1966 nach ein paar weiteren mageren Jahren schließlich berühmt machte. Alfie ist ein Arme-Leute-Casanova, der auch jedes Mädchen "bird" nennt, eine nach der anderen - bis er bei einer landet, bei der er gern bleiben würde, und die ihn nicht will.

Loses Mundwerk und rotzige Sorglosigkeit

Seine prolligen Verführungskünste und die komischen Sprüche, mit dem er sich immer wieder zur Kamera dreht und sein Handeln kommentiert, machten ihn zu etwas Besonderem. Und Michael Caine blieb der ewige Alfie - zum einen, weil Schauspieler damals noch ein Produkt ihrer Klasse und ihrer Sprecherziehung waren, und Caine mit seinem fröhlichen Cockney-Akzent lange als Sonderfall galt. Und zum anderen, weil er dann doch einiges mit ihm gemein hat: das lose Mundwerk und die rotzige Sorglosigkeit, die letztlich doch nur ein ziemlich großes Herz zu verbergen.

Sir Michael Caine, am 14. März 1933 als Maurice Micklewhite geboren, hat dann natürlich in seiner langen Karriere auch ganz andere Rollen gespielt - einen eisigen Rächer zum Beispiel in "Get Carter" (1971), oder einen Psychiater, der sich in Brian De Palmas "Dressed to Kill" (1980) als Frau verkleidet .

Lügen will früh gelernt sein

Und dann ist er noch einmal für einen anderen Rollentypus geehrt worden: Den ersten Oscar bekam er für Woody Allens "Hannah und ihre Schwestern" (1986), da ist zwar auch ein Verführer, aber mehr von der sensiblen, intellektuellen Sorte; den zweiten für "Gottes Werk und Teufels Beitrag (1999), für den märchenhaft weichherzigen Arzt, der ein Waisenhaus führt und die verstoßenen Kinder in den Schlaf wiegt mit den Worten: "Good night, you princes of Maine, you kings of New England. . ."

Es war eine Karriere ohne Vorbilder, schreibt Caine in "The Elephant to Hollywood", man ging in seiner Welt nicht ins Theater, wo die anderen Schauspieler sich infizierten mit dem Theater-Virus - er hat die Schauspielerei im Kino für sich entdeckt, wo er sich als kleiner Junge "Lone Ranger" ansah.

An der Tür zur Sozialwohnung im Elephant and Castle wimmelte er die Gläubiger ab, wenn die Mutter die Miete mal wieder nicht zahlen konnte - auch da war Schauspielkunst gefragt. So lernte zu lügen, auch das erzählt er ganz freimütig, mit immer mehr Selbstbewusstsein und vor immer größerem Publikum. "Ich bin der schlimmste Albtraum des Bürgertums - ein intelligenter Cockney mit einer Million auf dem Konto."

Er ist eine Art Arbeiter unter den Stars geblieben, nicht immer sehr wählerisch, kein Method Actor und keiner, der sich als großer Künstler stilisiert (obwohl er natürlich einer ist). Er ist ein Workaholic, der mehr als 150 Filme gemacht hat, nicht alle waren oscarverdächtig.

Die Haltung, die er dazu hat, ist einzigartig - vielleicht kriegt man die nur hin, wenn man so früh bei vollem Bewusstsein mit dem Lügen angefangen hat. Klar ist er stolz auf "The Quiet American" oder auf "Der Mann, der König sein wollte". Aber auf "Der weiße Hai IV"? "Habe ich mir dann nicht angesehen, nach allem, was ich darüber gehört habe, ist er schrecklich. Aber ich hab' das Haus gesehen, das ich davon gebaut habe, und das ist toll. " Ehrlicher geht es kaum.

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