"Men in Black 3":Wie Kinder beim Spielen im Dreck

Irres Déjà-vu! Will Smith und Tommy Lee Jones eilen zum dritten Mal als "Men in Black" durch Raum und Zeit. Im Kampf gegen einen sympathischen Bösewicht-Alien schrammen sie dabei permanent am extraterrestrischen Chaos entlang.

Fritz Göttler

Das trifft sich gut, wenn man eine schwarze Haut hat, Ende der Sechziger, dann sieht es ganz natürlich aus, wenn man dem protzigen Typen, der gerade vor dem Hotel vorgefahren ist, die Wagenschlüssel aus der Hand schnappt, sich hinters Steuer klemmt, um das Gefährt diensteifrig in der Garage des Hotels zu parken - das war halt der Job damals für die schwarze Unterschicht.

Kinostarts - ´Men in Black 3"

Will Smith vor dem Zeitsprung in die sechziger Jahre. Keine wirklich schöne Zeit für schwarze Männer.

(Foto: dpa)

Der schüchterne Einwurf des Gastes - "Da ist aber noch Gepäck im Kofferraum!" - wird souverän ignoriert, es ist nämlich Will Smith, der hier abbraust, und er ist kein Hotelbediensteter, sondern J, einer der legendären Men in Black, und er gehört auch nicht in diese Zeit, sondern ist im Zeitsprung dorthin geeilt. Um die Welt zu retten, natürlich, und den Kollegen K rauszuholen aus einem merkwürdigen Zwischenreich des Todes. Auch J findet sich in einer Art Limbo, er wird erfahren, was das bedeutet, ein Schwarzer in einem Ford Galaxy, 1969, von der Highway-Polizei gestoppt . . .

1997 hatte dieser K, Tommy Lee Jones, den jungen J(ames), der ein richtig schluffiges Ghetto-Kid war, zur Elitetruppe der Men in Black geholt. James trug eine orangegrelle Trainingsjacke und Turnschuhe und aus dem sozialen Elend rettete er sich zu den Black Men, den coolen Sonderagenten im Kampf gegen illegal immigrierte Aliens auf der Erde. Frei sein von Identität, ein sehr amerikanischer Traum: "You're a rumor, recognizable only as déja-vu and dismissed just as quickly", hieß es im ersten Film - ein Gerücht, ein Déjà-vu, geschwind wieder vorbei. Zur Skyline von New York gehörten damals noch die goldenen Twin Towers, im dritten Film nun, fünfzehn Jahre später, springt man in die Vergangenheit vom Chrysler Building. Und K sitzt in seinem dunklen Wohnzimmer vor einem ungemütlich lodernden Kaminfeuer - ein Fake natürlich, ein Dekorationsstück.

Die ganze Geschichte begann damals in einem Laster, mexikanische Illegale wurden da über Land gezockelt, eine Polizeipatrouille stoppte den Wagen. Infame Routine, bis Agent K daherkam und unter den Mexikanern einen getarnten Alien herausfischte. Im neuen Film, dreizehn Jahre später, sind es eher fischige Asiaten, die enttarnt werden und schleimig in die Kamera - 3 D! - platzen. Die Agenten haben wenig Berührungsängste, auch wenn sie und ihre makellos schwarzen Anzüge völlig versaut sind. Wie Kinder, beim Spielen im Dreck.

Konfusion durchs Zeitparadox

Durchs Zeitreiseparadox kommt die übliche Konfusion in die Geschichte. Schon lange wurde der filmische MacGuffin nicht mehr so radikal auf die Spitze getrieben wie hier, auf die Spitze von Apollo 11 genauer gesagt, kurz vor dem Start ins All, am 16. Juli 1969. Dort soll der junge Agent K, Sekunden bevor die Gerüste zur Seite klappen, einen Spezialgimmick installieren, der eine feindliche Invasion aus dem All verhindern muss. Und hat dabei dem bösen Alien Boris einen Arm abgeschossen. In einer Parallelzeit hat der das verhindert und K erledigt, was nun wieder der zeitgereiste J rückgängig machen will. Boris ist als Bösewicht ein absoluter Sympathieträger. Boris the animal, sagen alle, was er knurrend zurückweist: Einfach Boris! Aber eben das Animalische schätzt man an ihm, phantastisch gestaltet durch den großen Maskenbildner Rick Baker. Boris, der Rabauke, der Biker.

Mit schöner Beiläufigkeit schrammt die Welt in den MIB-Filmen permanent am extraterrestrischen Chaos entlang, die Paranoia ist perfekt in den Alltag integriert. Mit primitivsten Mitteln geht es gegen den Weltuntergang. "Die objektive Welt nähert sich dem Bild, das der Verfolgungswahn von ihr entwirft", hat Adorno über die Beziehung zwischen Irrealität und gesundem Menschenverstand geschrieben, das war 1960, fast zehn Jahre vor den Ereignissen, die "MIB 3" berichten.

Ein sagenhaftes Integrationsmodell. Die tentakeligen, aufgekratzten Aliens sind eine echte Präsenz und eine echte Gefahr - aber die Bürger der USA kriegen von ihnen nichts mit. Sie leben fröhlich am Abgrund. Überall Fragen, deren Antworten man nicht wissen will, die Dialektik der Aufklärung hat sich gewandelt. Das Arkane ist die Kehrseite der Normalität, ohne verborgene Geheimnisse gäbe es nichts Normales. Mimikry als Kunst des Überlebens, das gilt nicht nur für die Aliens. Josh Brolin, der in No Country for Old Men ein junges Alter ego von Tommy Lee Jones spielte, ist nun sein junges 69-Ego. Zuvor hat man schon erleben dürfen, wie Will Smith den alten Tommy Lee nachmachte.

MEN IN BLACK III, USA 2012 - Regie: Barry Sonnenfeld. Buch: Etan Cohen, David Koepp, Jeff Nathanson, Michael Soccio. Kamera: Bill Pope. Mit: Will Smith, Tommy Lee Jones, Josh Brolin, Emma Thompson. Sony, 105 Minuten.

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