Bedeutender Theater- und Filmemacher:Regisseur Patrice Chéreau ist tot

Patrice Chéreau

In Deutschland wurde Patrice Chéreau vor allem mit seiner "Ring"-Inszenierung bei den Bayreuther Festpielen 1976 bekannt

(Foto: Getty Images)

Er war einer der ganz Großen in der Welt von Kino und Theater - auch über die Grenzen seiner französischen Heimat hinaus. Am Montag ist Patrice Chéreau mit 68 Jahren gestorben. Frankreichs Präsident Hollande teilt mit, die Welt der Kultur befinde sich "in Trauer".

Patrice Chéreau, einer der renommiertesten Theater-, Opern- und Filmregisseure Europas, ist tot. Er starb am Montag im Alter von 68 Jahren in Paris an den Folgen einer Lungenkrebserkrankung, wie die Zeitung Le Monde am Montagabend unter Berufung auf Familienangehörige und danach weitere französische Medien berichteten.

Noch im Juli hatte seine Neuinszenierung der Elektra von Richard Strauss beim Festival im südfranzösischen Aix-en-Provence stürmischen Beifall bekommen. Legendär ist sein Ring für die Wagner-Festspiele in Bayreuth von 1976.

"Seine Vitalität war bis zum Schluss außerordentlich", sagte die Ko-Chefin seiner Künstleragentur Artmedia, Elisabeth Tanner. Der Regisseur Olivier Py, einstiger Leiter des Odeon-Theaters in Paris, beteuerte seine "ungeheure Traurigkeit" über den Tod des Kollegen. Chéreau sei vor allem von einer "enormen Feinfühligkeit" geprägt gewesen. "Ich habe auch seine Filme sehr geliebt", sagte Py.

"Ein Meister ist verstummt"

Frankreichs Präsident François Hollande erklärte, die Welt der Kultur sei in Trauer, Frankreich verliere einen seiner größten Künstler, auf den es "in der ganzen Welt" stolz gewesen sei. "Ein Meister ist verstummt", schrieb der Leiter des Filmfestivals von Cannes, Gilles Jacob, im Kurznachrichtendienst Twitter.

Chéreaus Karriere erstreckt sich über 40 Jahre, als Theaterregisseur inszenierte er bedeutende Werke der Musikgeschichte, darunter Wolfgang Amadeus Mozarts Don Giovanni, Tristan und Isolde von Richard Wagner und Hamlet von Shakespeare.

Als Filmregisseur schaffte Chéreau seinen Durchbruch im Jahr 1975 mit "Das Fleisch der Orchidee", dessen Drehbuch er auch schrieb. Sein Film Die Bartholomäusnacht von 1994 (im Original La Reine margot) mit Isabelle Adjani in der Hauptrolle wurde zwei Mal in Cannes prämiert sowie mit fünf Césars ausgezeichnet. Für seinen Film Intimacy von 2001, der mit sehr freizügigen Sex-Szenen für Aufsehen sorgte, gewann er bei der Berlinale den Goldenen Bären. Insgesamt drehte er zehn Filme. In der Oper arbeitete Chéreau unter anderem mit Pierre Boulez - für den Jahrhundertring - und Daniel Barenboim zusammen.

Politisch engagiert

Der 1944 im westfranzösischen Lézigné geborene Chéreau wuchs in Paris auf, beide Eltern waren Künstler. Das Theater entdeckte er als Jugendlicher, mit nur 22 Jahren wurde er Direktor eines Theaters in einem Pariser Vorort. Im Laufe der Jahre übernahm er auch hin und wieder selber kleinere Rollen im Film und auf der Bühne.

Chéreau machte keinen Hehl aus seinen politischen Überzeugungen: 1962 demonstrierte er gegen den Algerienkrieg, 1979 unterstützte er den späteren tschechischen Präsidenten Václav Havel, 1994 zeigte er Die Bartholomäusnacht in Sarajevo während der Belagerung. Als die rechtspopulistische FPÖ 2000 Teil der österreichischen Regierungskoalition wurde, boykottierte Chéreau die Salzburger Festspiele.

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