Mediaplayer:Nicht sadistisch, aber fies

"Ein dreckiger Haufen", ein Kriegsfilm von Andre de Toth, den Martin Scorsese liebt; und Filme von Taylor Hackford, Pedro Costa, Howard Hawks.

Von Fritz Göttler

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Eine komische Sache, das Überleben ... Ein britischer Soldat sagt das in "Ein dreckiger Haufen/ Play Dirty" von André De Toth, von 1969. Funny thing, survival ... Eine nahezu aussichtslose Mission, hinter Rommels deutschen Linien in Nordafrika, 1942. Ein Kriegsfilm, der nicht glorifiziert. Der kein Lamento anstimmt. Als Vorbild scheint natürlich Robert Aldrichs "Das dreckige Dutzend" durch, mit Lee Marvin. Diesmal führt der junge Michael Caine den Haufen. Der Film ist nicht sadistisch, aber fies, meinte Martin Scorsese, als er vor einigen Jahren seine guilty pleasures in der Zeitschrift Film Comment vorstellte, Filme, die allgemein ignoriert, wenn nicht verachtet, für ihn aber ungemein wichtig waren. Die Figuren haben kein soziales Potenzial, das sie erlösen könnte, meint Scorsese, das liebt er: "Sie denken nicht, sie handeln ..." Der Nihilismus, der Pragmatismus - das ist erschreckend. Das schmutzige Spiel beginnt bereits beim Kommandanten, der das Unternehmen mit einem Offizier bespricht. Nur zwei Leute können Rommel stoppen, sagt der, Hitler, der ihm keinen Ölnachschub schickt, oder ich, der seine Ölvorräte zerstört. Als er mit seinem Vorgesetzten telefoniert, gibt der Kommandant eben diesen Spruch als seinen aus. (Schröder Media)

Überleben in New York, survival in der Nacht von Queens: "Good Time", der Brüder Josh und Benny Safdie. Connie holt den jüngeren Bruder Nick aus der Sitzung mit einem umständlichen Psychiater, schleppt ihn zu einem Bankraub, der in einer Farbkaskade endet, Nick wird geschnappt, Connie verzettelt sich mit alten Kumpels, sie starten einen Überfall auf einen Vergnügungspark. Twilight-Star Robert Pattinson ist Connie - er wollte unbedingt mit den Safdies filmen -, den Nick spielt Benny Safdie selbst. "Good Time" brachte eine frische Brise in den Wettbewerb von Cannes, er tauchte auf bald jeder Jahresbestenliste 2017 auf. Norman Mailer hat die Safdies inspiriert, sein Satz, der amerikanische Kriminelle sei eine Hyäne, und das Lachen der Hyäne müsste die Nationalhymne werden ... (Ascot Elite)

Noch ein Nachtfilm aus New York, "The Comedian" von Taylor Hackford. Robert De Niro verlässt sein vertrautes italoamerikanisches Terrain und spielt einen jüdischen Stand-up-Komiker, der seine besten Jahre hinter sich hat. Außerdem erinnern sich die meisten Leute sowieso nur an die Fernsehserie, in der er lange zu sehen war. Als er bei einem Auftritt einen frustrierten, fiesen Zuschauer vermöbelt, muss er ins Gefängnis und Sozialdienst leisten. Dort trifft er Leslie Mann, die die Tochter von Harvey Keitel spielt. Wenn Keitel und De Niro wieder aufeinandertreffen, diesmal in sozialer Gefällelage, ist das wie eine Rückkehr an die gemeinsamen Anfänge bei Scorsese, in "Mean Streets" und "Taxi Driver" (und schon als Taxi Driver Travis Bickle kommt De Niro wie ein Comedian daher - wie er sich vor dem Spiegel stilisiert und inszeniert). Für Scorsese wollen die beiden 2018 erneut zusammen spielen, in dem Film "The Irishman". (Warner)

DVD Cover

Ein Nachtstück aus Portugal, wo Jahrzehnte nach der Nelkenrevolution 1974 und dem Ende der Diktatur die Schatten nicht weichen wollen: "Cavalo Dinheiro/ Horse Money", von Pedro Costa. Sein Held und Quasi-Doppelgänger Ventura - ein Immigrant aus Cap Verde - ist müde und zittrig geworden, aber immer noch macht er eine elegante Figur. Er steckt in einem Krankenhaus, das manchmal wie ein Gefängnis wirkt, und man hat nie den Eindruck, er könnte hier kuriert werden. We walk with a Zombie ... Dunkle, verwinkelte Korridore und Treppenhäuser kommen einem heimischer vor als die Kliniksterilität. Ein Lift führt uns, in einer langen, so traumatischen wie tröstlichen Szene, direkt in die Vergangenheit, die bei Pedro Costa immer auch eine filmische ist: die Filme von Jacques Tourneur. Sein Film ist abstrakt und sehr konkret zugleich, einige der berühmten Fotos, die Jacob Riis in New York machte, leiten ihn ein: How the other half lives. Filme, die den Blick für Ungerechtigkeit und Gebrechlichkeit verlieren, sagt Pedro Costa, sind nutzlos. (Grandfilm)

Deutsche Romantik vs amerikanische Bürokratie, liebevoll miteinander konfrontiert von Howard Hawks: "I Was a Male War Bride/Ich war eine männliche Kriegsbraut". Ann Sheridan als Leutnant der US-Armee, Cary Grant als französischer Capitaine, sie kabbeln und sie verlieben sich im besetzten Nachkriegsdeutschland, heiraten und haben Probleme mit der Rückkehr/Überfahrt nach Amerika - für männliche Kriegsbräute ist kein Platz in den Regularien. Hawks dekliniert wieder mal alle Rollenerwartungen und -klischees. Wenn Cary Grant anfangs ins US-Hauptquartier kommt, buchstabiert er die Abkürzungen an den Bürotüren, aus, WAIRCO und SOSDPPDD, und dann Labour Administration Department: LADIES.

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