"Das Verschwinden der Eleanor Rigby" bei iTunes:Macht der Montage

"Das Verschwinden der Eleanor Rigby" bei iTunes: Ein Paar, drei Filme: Jessica Chastain und James McAvoy.

Ein Paar, drei Filme: Jessica Chastain und James McAvoy.

(Foto: Prokino)

Die Geschichte ist simpel, die Art sie zu erzählen nicht: Drei Versionen von "Eleanor Rigby" zeigen, wie ein Liebesfilm durch das Spiel mit verschiedenen Perspektiven Kraft entfalten kann.

Von David Steinitz

Aus einem Film einfach drei zu machen, sollte den Sparfüchsen, die mittlerweile die großen Hollywoodstudios beherrschen, eigentlich gut gefallen - besser lässt sich kaum wirtschaften. Die Geschichte des wilden Filmexperiments "Das Verschwinden der Eleanor Rigby", das nun erstmals vollständig in Deutschland zu sehen ist, ist trotzdem eine ganz andere.

Vor mehr als zehn Jahren besuchte die mittlerweile sehr erfolgreiche Schauspielerin Jessica Chastain ("Zero Dark Thirty") das Filmfestival von Malibu. Dort fiel ihr der Kurzfilm eines jungen Regisseurs namens Ned Benson auf, der sie so berührte, dass sie unbedingt mit Benson zusammenarbeiten wollte.

Beide waren zu diesem Zeitpunkt ziemlich unsicher, ob sie es im Haifischbecken der amerikanischen Filmindustrie je zu etwas bringen würden, setzten sich aber trotzdem gemeinsam an ein Drehbuch, das Benson in der Schublade hatte.

Darin ging es um einen jungen Mann mit ordentlich Liebeskummer, der das Ende einer Beziehung zu verarbeiten versucht - also nicht gerade die Neuerfindung des Kinos. Nach langen Diskussionen mit Chastain kam Benson schließlich zu der Frage, warum man das traurige Ende einer großen Liebe nicht einfach aus der Perspektive beider Partner erzählen könnte.

Eine Geschichte über die subjektive Wahrnehmung des Menschen, verpackt nicht in einem, sondern in zwei Filmen. Das war die Theorie. In der Praxis bekamen sie für ihr Herzensprojekt erst Geldgeber zusammen, als Chastain bereits ein veritabler Star mit ordentlich Einfluss war. Das Ergebnis ist der Zweiteiler "Das Verschwinden der Eleanor Rigby: Him" plus "Das Verschwinden der Eleanor Rigby: Her".

Aus zwei Filmen noch einen dritten gemacht

Weil der Doppelschlag bei der Premiere des Filmfestivals von Toronto zwar super ankam, aber kaum ein Verleiher Lust hatte, das Double Feature in dieser Form ins Kino zu bringen, ging Benson mit seinem Cutter jedoch erneut in den Schneideraum. Und machte aus beiden Filmen noch einen: "Das Verschwinden der Eleanor Rigby: Them" hatte im vergangenen Jahr seine Premiere in Cannes und lief in dieser Version letzten November auch bei uns im Kino.

Alle drei Schnittfassungen sind von diesem Donnerstag an auf iTunes erhältlich - und bieten ein überwältigendes Stück Filmkunst über die Macht der Montage.

"Eleanor Rigby" erzählt die Geschichte von Conor (James McAvoy) und Eleanor (Jessica Chastain), die nach einem schrecklichen Ereignis nicht mehr zueinanderfinden, nach vielen Jahren der Liebe.

Die "Him"-Version folgt Conor, einem glücklosen New Yorker Jung-Gastronomen, und wie er versucht, zwischen Erinnerung und Realität mit dem Ende der Beziehung zurechtzukommen. Umgekehrt sehen wir in der "Her"-Variante Eleanors Sicht der Dinge, die nach einem Selbstmordversuch ins Leben zurückfinden will. "Them" wiederum schneidet beider Erlebnisse direkt nebeneinander.

Mehr Fragen als Antworten, das macht den Zauber aus

Es ist ganz egal, in welcher Reihenfolge man sich die Filme anschaut: Denn obwohl die Geschichte dramaturgisch nicht allzu viel hergibt, ist es aufregend zu sehen, wie Regisseur Benson durch die Verschiebung kleinster Nuancen, durch nur leicht abgeänderte Kameraeinstellungen, Schnittfolgen und Zeitsprünge die gleiche Geschichte in drei vollkommen unterschiedlichen emotionalen Aggregatszuständen erzählt.

28 war Benson, als er das Projekt begann - jetzt ist er 38. Viel Lebenszeit für ein Spielfilmdebüt. Aber auch der Beweis, dass Filmgeschichten, wie im Zeitalter der Serie vielfach geschrieben, nicht nur durch möglichst wilde dramaturgische Kniffs ihren Zauber entfalten. Sondern vor allem dann, wenn sie sich der Mittel der puren Bilderzählung bedienen, die mehr Fragen aufwirft, als Antworten gibt.

Zum Beispiel das Ende aller drei "Rigby"-Versionen: in einem New Yorker Park, im Mondschein, wo ein Junge auf ein Mädchen trifft. Man weiß nicht, ob es sich bei diesem Ende eigentlich nicht auch um den Anfang der Geschichte handeln könnte - aber das ist schließlich der Kern aller großen Liebeserzählungen.

Alle drei Versionen von "Das Verschwinden der Eleanor Rigby" ("Him", "Her" und "Them") sind ab 7. Mai bei iTunes erhältlich (13,99 Euro). Auf DVD gibt es lediglich die Schnittfassung "Them" (14,99 Euro), ebenfalls ab 7. Mai.

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