Mediaplayer:Das As im Ärmel

Neu auf DVD: Die ersten Folgen des BBC-Klassikers "Doctor Who" aus den Sechzigern und die moderne Kinofassung des Iphigenie-Mythos: "The Killing of a Sacred Deer".

Von Fritz Göttler

Fake News und wie man sie fabriziert, führt Kirk Douglas vor in "Ace in the Hole", 1951, von Billy Wilder. Er ist der Reporter Charles Tatum, ein Profi, das heißt bei Wilder, der das Metier in den Zwanzigern in Berlin lernte, immer auch: ein Zyniker. Professionell ist bei Tatum vor allem, wie er sich selbst vermarktet. Er hat bei Zeitungen in New York, Chicago, Detroit gearbeitet, nun ist er in Albuquerque, New Mexico gestrandet. Ich kann Ihnen zweihundert Dollar ersparen, schlägt er dem Chef des lokalen Blattes vor. Sonst habe ich immer 250 Dollar bekommen, Sie kriegen mich für 50. Der Job ist dann furchtbar öde, erst als ein Arbeiter in einer Mine verschüttet wird, sieht Tatum seine Chance. Der Mann wird sein As im Ärmel, trickreich verzögert er die Rettung und kommt so wieder in die Schlagzeilen zurück. Der Film steht am Ende von Wilders schwarzer Periode, vor dem Wechsel zur Komödie. Der deutsche Titel "Reporter des Satans" bringt einen moralischen Akzent in die Geschichte, Wilder selber fasziniert mehr, wie Fake News am Ursprung des Showbusiness stehen. (Endless Classics)

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"Wir bluffen nicht", warnt der schlimme Cop, der Rassist in Uniform, in Kathryn Bigelows "Detroit". Es geht um die Unruhen in der Stadt, im Sommer 1967, und natürlich darum, wie wenig sich verhändert hat im heutigen Amerika. Wie immer bei Bigelow ist ihr Film episch angelegt, wird im Verlauf dann aber streng dramatisch, wenn er sich auf die fatale Ereignisspirale im Motel Algiers konzentriert. (Concorde)

Noch einer, der gern auf der Grenze zwischen Professionalismus und Zynismus balanciert: "Der 4½-Billionen-Dollar-Vertrag", 1985, von John Frankenheimer, nach dem Roman von Robert Ludlum. Drei Nazi-Generäle vermachen ihren Kindern eine Milliardensumme. Michael Caine ist als Architekt Noel Holcroft eins dieser Kinder, er stolpert hilflos durch eine internationale Intrige. Mein Lieber, belehrt ihn ein Geheimagent, der auf ihn aufpassen soll, Vermutungen sind, wie es in unserer Profession heißt, die Mutter des fuck-up. Mario Adorf ist hier ein Dirigent, mit wuscheliger Boris-Johnson-Mähne. (Koch Media)

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Was von der antiken Tragödie bleibt, wenn das Kino sich ihrer annimmt: "The Killing of a Sacred Deer" von Yorgos Lanthimos. Die alte Iphigenie-Geschichte, ein Vater, der eine der Göttin Artemis geweihte Hirschkuh getötet hat und dafür nun seine Tochter opfern muss. Der Vater ist hier ein Chefarzt, Colin Farrell, der eine Herzoperation verpfuschte, dafür will der Sohn des Toten ihn zwingen, eins seiner eigenen Familienmitglieder zu töten. Nicole Kidman spielt die Ehefrau, mit kühlem antikem Profil. Der junge Barry Keoghan ist richtig dämonisch in seiner Ungerührtheit. Die behäbige Heimeligkeit seines vorigen Films "The Lobster" hat Lanthimos durch eine fast kubrickeske Sterilität ersetzt. (Alamode)

Ein mythischer Doktor ist "Doctor Who", die zentrale Figur der BBC-Serie . Ein Zeitreisender aus einer anderen Welt, der ein paar Londoner mitnimmt auf Exkursionen in fremde Zeiten, sein Gefährt ist eine Polizei-Notrufzelle, die sich im Innern zu einer veritablen Kommandozentrale weitet. Der erste Doktor wird verkörpert vom legendären William Hartnell, und die ersten Folgen, die nun wieder herausgebracht wurden, führen uns in die Steinzeit, wo die gleichen Krawalle und Konflikte herrschen wie im Jahr 1963, als die Serie gestartet wurde. Ein liebevoller Film von Terry McDonough erzählt von der Kreation der Serie, mit Brian Cox als BBC-Boss Sydney Newman, der für sein Samstagsprogramm einen Halbstünder sucht, der die Fans nach dem Ende der Sportsendung in den Sesseln hält und die jungen Zuschauer der späteren Showsendung schon mal vor den Fernseher holt. Er engagiert eine junge Frau dafür, Verity Lambert (auf die Kreativität der Frauen haben sich in der Fernseharbeit auch die alten Meister verlassen, siehe Joan Harrison, die viele Jahre Hitchcocks Serien managte). Bei der ersten "Doctor Who"-Folge gab es einen traurigen Clash mit der Gegenwart, einen Tag vor der Ausstrahlung wurde John F. Kennedy erschossen. (Polyband)

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Der Bluff in der Liebe, Juliette Binoche, die von Mann zu Mann wandelt in "Meine schöne innere Sonne" von Claire Denis. Ich habe das ganze Wochenende gewartet, beschwert sie sich heftig bei ihrem Liebhaber. Darauf er: Was soll denn das sein - die Diktatur des Proletariats? Der Film ist inspiriert von den "Fragmenten einer Sprache der Liebe" von Roland Barthes. "Obwohl der Diskurs der Liebe lediglich ein Schwarm von Figuren ist", schreibt er, "kann ich der Liebe doch retrospektiv, imaginär ein geregeltes Werden und Entstehen bezeugen: durch eben diese historische Fantasie mache ich daraus manchmal: ein Abenteuer." (Pandora)

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