Koryphäen der Geistesgeschichte haben es schwer, ihr Gesicht zu wahren. Masken, die ihnen der Zeitgeist aufdrängt, verdecken jede Regung. Was Profil war, wird Ikone, geheiligt oder verteufelt, je nach Sichtweise. Auch in diesem Jahr, da die Welt des 200. Geburtstages von Karl Marx gedenkt, wird die Person im Schatten des Werkes bleiben und vor allem eines etwas in den Hintergrund geraten: Karl Marx, wie wir ihn zu kennen glauben und verstehen, gäbe es nicht ohne Friedrich Engels. Da passt es gut, dass der in der Geschichte des 19. Jahrhunderts bestens bewanderte Jürgen Herres den Weggefährten das "Porträt einer intellektuellen Freundschaft" gewidmet hat. Marx und Engels verstanden sich als "Compagnons". "Ihre Freundschaft und ihre intellektuelle Partnerschaft war außergewöhnlich, in der Geistesgeschichte wahrscheinlich beispiellos", und doch bestand "zu keinem Zeitpunkt eine unbedingte Identität ihrer Auffassungen", resümiert Herres. Er habe kein Doppelporträt im üblichen Sinne schreiben, sondern die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der in Herkunft und Mentalität so gegensätzlichen Partner sondieren wollen. Selbstverständlich öffnet sich damit auch ein Panorama der gesellschaftlichen Entwicklung zur Jahrhundertmitte mit all ihren Widersprüchen. Die erste Begegnung 1842 in Köln verlief durchaus kühl. Marx, damals Chefredakteur der Rheinischen Zeitung, sah in dem jungen Mann wahrscheinlich nur einen jener ehrgeizigen Räsonierer, die ihm das Leben unter der Zensur schwer machten.
"Marx und Engels" von Jürgen Herres:Die Compagnons
Es ging nur zu zweit: Jürgen Herres erzählt von der intellektuellen Freundschaft zwischen Marx und Engels.
Von Jens Grandt
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