Schon mit den ersten Fotografien, Polaroids von Anfang der siebziger Jahre, mit denen die Berliner Schau eröffnet, hatte Robert Mapplethorpe sich so bereits seinen kompletten Motivschatz erarbeitet. Mehr brauchte der Fotokünstler auch in den kommenden zwei Jahrzehnten fast nicht, schließlich ging es ihm nicht um Abwechslung, sondern um die perfekte Inszenierung. Vor und hinter der Kamera.
Sein Vorbild dabei war klar: Andy Warhol. Ihn, den er viele Jahre später 1986 als Heiligen mit einer Aureole in Szene setzen sollte, nahm er als Maßstab. Der Junge aus einfachen Verhältnissen, Jahrgang 1946, mit fünf Geschwistern und einer katholischen Erziehung, wollte so berühmt werden wie der Künstlerfürst, inklusive Hofschar, die sich zwangsläufig daraus ergibt. An Mapplethorpes Seite dabei anfangs immer Patti Smith. Sie kannten sich, da war er noch nicht Fotograf und sie keine Sängerin. Nur der Wunsch, die New Yorker Szene zu erobern, muss damals schon bei beiden ausgeprägt gewesen sein. "Ihre Kinder", wie sie die eigene Kunst nannten, harrten jedoch noch der Entdeckung.
Die Nähe zu Patti Smith, die erst seine Geliebte und dann, nach seinem Coming-out, seine Lebensfreundin wurde, ist den großartigen Porträts der "Godmother of Punk" anzumerken. Als junge Frau blickt sie, ihre dunklen Haare so offen wie das schwarze zerrissene Seidenhemd, in seine Kamera und schneidet sich ihre lange Mähne, als wäre ihr Gegenüber ein Spiegel. Ein wenig muss er das wohl auch gewesen sein. Denn - so schrieb es zumindest die Sängerin in ihren im vergangenen Jahr veröffentlichten Erinnerungen an Mapplethorpe - erst er soll Smith zum Singen gebracht haben und sie ihn wiederum zum Fotografieren. "Ich war Roberts erstes Modell, sein zweites war er selbst", zitiert die Ausstellung Patti Smith. Ihr Rollenrepertoire kennt dabei keine Grenzen, von der ephemeren Nymphe im weißen Nachthemd 1978 bis zur theatralisch leidenden Maria-Pose in der Aufnahme von 1985 ist alles dabei.
Im Bild: Patti Smith, 1975