Mando Diao:"Eine rundere Sache als viele Alben der Beatles"

An Selbstbewusstsein mangelt es der schwedischen Rockband sicher nicht. Wer das neue Album "Ode to Ochrasy" hört, muss feststellen: zurecht.

Jürgen Schmieder

Am Anfang hört man gar nichts. Dann setzt der dumpfe Klang einer Kirchorgel ein, unerträglich lang. Leise mischt sich ein Schlag der Bass Drum darunter. Damm! Das Orgelspiel wird schneller - und lauter. Damm! Der zweite Schlag der Trommel sitzt wie ein Faustschlag: Jetzt geht es los, jetzt wird es schnell.

Gitarren setzen ein, der Bass galoppiert, die Trommeln wirbeln. Mando Diao stürmen auf die Bühne und legen los. Allein dieser Auftritt vermittelt den Fans: Glaubt ja nicht, dass Ihr Euch in den kommenden zwei Stunden ausruhen könnt. Wir geben Vollgas.

So war es beim O2-Music-Flash in München. So ist es auch auf der neuen Platte "Ode To Ochrasy". Es ist die dritte CD innerhalb von drei Jahren. Dazu Festivalauftritte und ausgedehnte Tourneen. Nein, mangelnden Tatendrang kann man den Schweden nicht vorwerfen.

Die Qualität leidet darunter jedoch keineswegs. "Ode To Ochrasy" ist - wie die beiden Vorgänger auch - eine Scheibe, die in der Rockwelt Aufsehen erregen wird. Vor allem, weil Mando Diao bewusst darauf achten, Parallelen zu den Beatles herzustellen. Das geht so weit, dass sie in einem Interview behaupteten: "Wir glauben ehrlich, dass unsere Platte besser ist als alles von The Who, den Kinks oder den Small Faces. Es ist sogar eine rundere Sache als viele Alben der Beatles und Stones". Da muss man erst mal durchschnaufen. Und die CD einlegen.

Da wird als erster Song "Welcome Home, Luc Robitaille" gespielt. Tatsächlich: Die Gitarren erinnern an die Fab Four, der Gesang ebenfalls. Kurz vor dem Solo donnert dann ein Urschrei aus den Boxen, den man auch von Paul McCartney schon gehört hat.

Doch bevor es zuviel der Lobhudelei gibt: Mando Diao sind nicht die Beatles. "Ode to Ochrasy" erreicht kein einziges der Beatles-Alben. Dazu fehlt ihnen der Tiefgang, der Variantenreichtum, die einmaligen Einfälle.

Mando Diao sind eine tolle Rockband. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger. Die erste Singleauskopplung "Long Before Rock'n'Roll" ist ein eingänglicher Rocksong, der im Gedächtnis des Hörers bleibt. Innovative Drums, variantenreicher Gesang und eine eindringliche Melodie beißen sich im Ohr fest.

Unter diese schnellen, harten Tracks mischen Mando Diao immer wieder ruhige Balladen - "The Wildfire" etwa oder "Josephine". Man hat den Anschein, als wollten Mando Diao ihren Fans immer wieder Ruhepausen gönnen zwischen all den temporeichen Songs. Wenn bei "TV & Me" die Drums beinahe explodieren, ist man froh, danach ein ruhigeres Stück zu hören.

Keine Frage: Das dritte Studioalbum von Mando Diao macht Spaß. Die Band ist erwachsen geworden, ohne langweilig zu werden. Obwohl die Schweden wohl immer eine Live- und Festival-Band bleiben werden. Aber das stellen sie oft genug unter Beweis. Die Fans können sich freuen, wenn sie die Kirchenorgel hören.

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