Macher von "Ziemlich beste Freunde":Lachen hilft

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Olivier Nakache (r.) ist der Spaßvogel, Eric Toledano sieht die Welt eher düster. Diese Mischung steckt hinter dem Welterfolg von "Ziemlich beste Freunde". (Foto: Getty Images)

"Auch Komödien können politisch sein", sagen Olivier Nakache und Eric Toledano. Wie die beiden Regisseure mit "Heute bin ich Samba" an ihren Welterfolg "Ziemlich beste Freunde" anknüpfen wollen.

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Schon bei der ersten Begegnung ist sie zu spüren, diese nervöse Unruhe, die sich bald mit erotischen Funken auflädt. Samba und Alice treffen in einer nüchternen Beratungsstelle für illegale Immigranten in Paris. Samba ist unsicher, weil ihm die Abschiebung droht, Alice ist es, weil dies ihre ersten zaghaften Schritte zurück ins Arbeitsleben sind, nach dem Burn-out-Karriere-Knick.

Und weil hier der vor physischer Präsenz und Charisma nur so berstende Omar Sy auf die fragil-herbe Charlotte Gainsbourg trifft, erinnert das unweigerlich an die extremen Gegensätze zwischen den "Ziemlich besten Freunden", dem steinreichen, aber gelähmten Philippe und seinem armen aber lebenslustigen Pfleger Driss. Was wiederum beim Treffen mit dem Regie-Duo Olivier Nakache und Eric Toledano die Frage nahelegt, ob das Geheimnis ihrer Zusammenarbeit auch auf solchen Kontrasten basiert: "Ja," bestätigt Nakache schnell: "Mein Partner ist schwarz!"

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Toledano, der alles andere als schwarz ist, schüttelt den Kopf: "Sie sehen schon, er nutzt jede Gelegenheit für einen Scherz, er betrachtet das Leben durch den Filter der Komödie. Ich dagegen sehe die Welt in eher düsterem Licht und suche nach Strukturen und Mustern, die den Bruchstücken des Lebens Sinn verleihen. Wir haben unterschiedliche Fähigkeiten und Defizite - und sind damit der Beweis, dass Verbindungen zwischen sehr unterschiedlichen Menschen möglich und produktiv sind. Genau davon erzählen auch unsere Filme."

Wesentlicher Motor dieser Filme, sozusagen ihr Kraftzentrum, ist Omar Sy. Er war im Grunde von Anfang an dabei war, lange vor "Ziemlich beste Freunde". Nakache und Toledano hatten gerade erst angefangen und planten ihren zweiten Kurzfilm, als sie ihm vorgestellt wurden und augenblicklich von seinem Charisma gefangen waren. Doch Omar Sy zögerte, weil er zwar an einer kleinen Show auf Canal+ beteiligt war, sich aber nicht als Schauspieler sah: "Wir erwiderten nur, kein Problem, wir sind ja auch noch keine Regisseure! Wir haben uns dann über die Jahre zusammen entwickelt. In gewisser Weise bauen wir ihm den Raum, in dem er sich entfalten kann. ,Ziemlich beste Freunde' war ein für ihn angefertigter Maßanzug."

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Wenn die beiden diese ganz besondere Chemie beschreiben, spürt man liebevolle Hingabe, aber auch einen Hauch Melancholie - den nächsten Film werden sie ohne ihren Star machen müssen, der jetzt in Hollywood sein Glück versucht. Für einen Moment scheint es so, als sei Omar Sy auch im kleinen Bibliotheksraum des Berliner Hotels anwesend: "Dieses Feelgood-Gefühl, das wir da einfangen, überträgt sich auf die 50 Millionen Zuschauer, die sich ,Ziemlich beste Freunde' inzwischen angeschaut haben - es funktioniert auf der ganzen Welt."

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Mit Omar Sy, dem in Frankreich geborenen Sohn eines Senegalesen und einer Mauretanierin, ist auch das Thema Immigration gesetzt. "Auch Komödien können politisch sein", sagt Toledano. "Humor eröffnet uns die Möglichkeit, jedes Drama zu entschärfen, mit seiner Hilfe lässt sich eine Situation beruhigen. Aber er kann auch Öl ins Feuer gießen, wie es die Anschläge auf Charlie Hebdo gezeigt haben." Und dann sprechen sie über den Schock, unter dem Frankreich seit den Anschlägen steht: "Für uns Künstler tauchen da lauter neue Fragen auf. Was lösen wir mit unserem Engagement aus? Was passiert da gerade mit unserer Jugend?" Sie wundern sich aber auch, dass so viele Journalisten fragen, ob diese Anschläge einen Schatten auf ihre Filme werfen.

"Sicher, es gibt einen Zusammenhang zwischen den Anschlägen und dem Problem der Immigration", räumt Toledano ein, "aber für mich verläuft die Grenze nicht zwischen Ausländern und Franzosen. Das ist ein Krieg zwischen Menschen, die an dieses System glauben und sich in die französische Gesellschaft integrieren wollen, und denen, die dagegen arbeiten. Das ist kein Konflikt zwischen Zivilisationen, sondern zwischen verschiedenen Lebenskonzepten. Die Terroristen haben einen Polizisten getötet, der Muslim war, und der Mann, der im koscheren Supermarkt zehn Menschenleben gerettet hat, war wie Samba - ein illegaler Einwanderer, der seit zehn Jahren in Frankreich lebt." Und Nakache ergänzt: "Der wahre Feind sind die radikalen Muslime. Da geht es nicht um die Religion Islam, sondern um einen Faschismus unter dem Deckmantel des Islam. Jemand, der ein Video veröffentlicht, auf dem jemand verbrannt oder geköpft wird, ist ein Faschist. Man darf keine Angst davor haben, das Problem bei seinem wahren Namen zu nennen. Es sind eben nicht die Sambas, die in Frankreich zu Terroristen werden, sondern Franzosen, die in Frankreich geboren sind."

Die illegalen Einwanderer, von deren Problemen die Filme des Trios in all ihrer traurigen Wahrhaftigkeit und komischen Absurdität erzählen, stellen in Frankreich, wie auch in vielen anderen Teilen der westlichen Welt, ein komplexes Problem dar: "Wir brauchen sie, weil kein Franzose zwölf Stunden in einer Restaurantküche schuften will wie Samba, doch wahrhaben will das niemand. Gegen diesen Missstand wollen wir etwas tun, denn wenn man versucht, etwas zu verdrängen, dann bricht es früher oder später gewaltsam hervor."

An die Recherche sind sie dann auch mit journalistischer Gründlichkeit herangegangen, sagt Nakache: "Wir haben alle Etappen eines illegalen Einwanderers bis zum Gericht und zur Abschiebungshaft studiert. Wir wollten so nah wie möglich an der Realität bleiben und durften auch an Originalschauplätzen drehen." Anfangs dachten sie noch, der Riesenerfolg von "Ziemlich beste Freunde" könne zum Fluch werden und negative Reaktionen auslösen, ganz nach dem alten Motto: Ein guter Künstler lockt keine Massen an. Aber es kam anders, der Vorgängerfilm hat beim Dreh viele Türen geöffnet: "Unser Glück war, dass wir diesen Stoff sehr ernst genommen haben, das haben die Leute gespürt. Alle wollten dabei helfen, wieder etwas Ähnliches zu schaffen - eine romantische Komödie, die ein starkes gesellschaftliches Echo hat."

© SZ vom 03.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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