M 94,5:Getrübte Partystimmung in der Kranhalle

M94,5

Im Sommer feierte M 94.5, das Münchner Aus- und Fortbildungsradio, seinen 20. Geburtstag, begleitet von vielen Glückwünschen.

(Foto: Lukas Barth)

Das Ausbildungsradio M 94,5 präsentiert seine Jahrescharts mit Livemusik. Doch auf der Feier drehen sich die Gespräche um die Zukunft des Senders.

Von Vanessa Peschla

"Ist denn schon wieder Weihnachten?", fragt der Moderator des Abends Johannes Vogl. "Fast! Aber Zeit für unsere Top 30 Jahrescharts ist es auf jeden Fall", ruft seine Kollegin Julia Röhl aufgeregt, ihre blonden Locken tanzen wild um sie herum. Es ist Samstagabend und bei "Laut Indie Stadt" in der Kranhalle des Feierwerks stellt das Ausbildungsradio M 94.5 seine Top 30 des Jahres 2016 vor.

Das Programm das Senders wird vom gemeinnützigen "afk Hörfunkverein München" verantwortet. In diesem haben sich 19 Institutionen - von der Akademie der Bayerischen Presse bis zum Verband des Bayerischen Lokalrundfunks - zusammengeschlossen, um ihren "Studenten" Praxiserfahrung möglich zu machen.

Überall sind in der Halle Diskussionen zu hören

Die Kulisse besteht aus Mikrofonen, Verstärkern und allerlei anderem Equipment, das man zum Spielen von Livemusik braucht. Denn zur Abwechslung zu den Liedern der Radio-Chart-Liste, bringen die Indie-Bands "Die Sauna", "Leoniden", "Der Ringer" und "Mittekill" an diesem Abend ihre Stücke persönlich dar. Bald tanzt das Publikum noch wilder als Julias Locken, alte Fernseher auf, neben und unter der Bühne, vervielfachen in flirrender Nostalgie Bilder aus der Halle, und Johannes schwärmt: "Ein Weltrekord an Besuchern zu dieser Uhrzeit!".

Leider ist nicht alles so rosig, wie es scheint. In der Halle sind überall Diskussionen zu hören, es herrscht Entsetzen und Unverständnis bei den Mitarbeitern des Feierwerks und bei den Gästen, die es jetzt auch vernommen haben: Das Jugendradio soll vielleicht schon im April 2017 seine UKW-Frequenz verlieren. Die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) verkündete das jüngst nach 20 Jahren Bestehen des Radiosenders. Im Februar 2017 soll entschieden werden, ob die UKW-Frequenz weiterhin M 94.5 senden wird oder ob auf ihr künftig "Rock Antenne" oder "EgoFM" gespielt wird. Beide kommerziellen Sender haben ihr Interesse bei der BLM an der Frequenz angemeldet.

Erstaunt ist das Publikum über zweierlei: Warum sollte "Rock Antenne" nicht eine der vielen Frequenzen übernehmen, die sein Muttersender "Antenne Bayern" ohnedies hat? Und warum soll stattdessen vielleicht die renommierte Ausbildungsstätte ins Internet verdrängt werden? Denn auch wenn man meinen könnte, die Jugend würde heute ohnehin vor allem über das Internet Radio hören, sieht die Realität anders aus: 75 Prozent der jungen Hörer empfangen ihre Sender noch klassisch über UKW. Eine Mehrheit seiner Hörerschaft würde M 94.5 also verloren gehen.

"Das wäre schrecklich, denn Reichweite und Zahlen sind für eine Newcomer-Band wie für uns das wichtigste. Und das bietet M 94.5 leider vor allem durch seine UKW-Frequenz und natürlich auch durch Veranstaltungen wie diese", sagt "Die Sauna"-Sänger Matthias Berg. Er hat mit seiner 2016 gegründeten Band bereits im Finale des Sprungbrett Wettbewerbs vom Feierwerk gestanden. "Die anderen Radiosender wollen nur kommerzielle Musik, da ist eine Plattform für frische Bands umso relevanter!"

In einer Radiolandschaft, die sonst weitgehend dem üblichen Hitgemenge von Achtzigern, Neunzigern und dem Besten von heute besteht, sticht M 94.5 tatsächlich hervor: Die Verantwortlichen des Senders entschieden 1996, sich vom Mainstream abzusetzen und sich alternativer und individueller Musik zuzuwenden. Vorgestellt werden auf der Frequenz seither nur neue, junge deutsche und internationale Bands, die dem Geschmack der Auszubildenden entspricht, die das Programm selbst gestalten. "Wir informieren uns ständig und überall über Musik", erklärt Julia. Wichtigstes Kriterium des Senders sei zudem Aktualität: "Wir spielen keine Songs, die älter sind als zwei Wochen."

Frontsänger Jakob Amr der Hamburger Band "Leoniden" lobt: "Kompliment an Bayern, mit so coolen Formaten wie M 94.5 bietet ihr tolle Plattformen auch für Bands, die nicht aus dem Umkreis von München kommen." Doch wenn er sagt, "bei so freshem Content mache ich mir gar keine Sorgen, wenn M 94.5 nur noch digital empfangen werden kann", ist er an diesem Abend weitgehend allein.

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